Massiv mehr Bildungssponsoring

In den letzten zehn Jahren hat Sponsoring an Schulen massiv zugenommen. Die neue Charta zu Sponsoring, Förderung und Finanzierung von öffentlicher Bildung durch private Anbieter definiert Richtlinien dafür. Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH, erläutert im «Tagesgespräch» auf Radio SRF1, was der Zweck der Charta ist.

«Öffentliche Schulen stehen gegenüber Eltern und Öffentlichkeit in einer besonderen Verantwortung: Sie sind der weltanschaulichen, religiösen und politischen Ausgewogenheit verpflichtet und müssen für Sicherheit, Schutz und Wohlergehen der in Obhut gegebenen Kinder und Jugendlichen sorgen», steht in der Charta zu Sponsoring, Förderung und Finanzierung von öffentlicher Bildung durch private Anbieter, die an den diesjährigen Swiss Education Days in Bern vorgestellt wurde. Erarbeitet wurde sie vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH gemeinsam mit einer exemplarischen Gruppe von Unternehmen, Stiftungen, Schulträgern und Verbänden.

Im «Tagesgespräch» auf Radio SRF1 vom 8. November 2016 sagte Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH: «Eigentlich ist es gut, dass Unternehmen neben den Steuern auch noch Geld zur Verfügung stellen, um für die Bildung Lernangebote zu machen.» Es komme aber sehr darauf an, wie diese Produkte ausgestaltet seien und wie sie in der Schule platziert werden sollten. «Darum geht es im Kern der Sache. Wir haben daher diese Charta entwickelt, zusammen mit Firmen, mit Stiftungen, die eine Art Verhaltenskodex ist, wie das gemacht werden soll.» Die Charta hält die Regeln für einen verantwortungsvollen Umgang mit Bildungssponsoring in fünf Richtlinien fest.

«Schülerinnen und Schüler sind keine Kunden»
Die grösste Gefahr sieht Beat W. Zemp darin, wenn eine Firma nicht akzeptiert, dass Schülerinnen und Schüler keine Kunden sind. Besonders in der Volksschule seien sie unmündig. «Lehrerinnen und Lehrer müssen sie schützen vor einseitiger Anspruchsnahme von Produktwerbung und vor ideologischen Botschaften.» In der Charta steht dazu: «Mit der öffentlichen Bildung nicht zu vereinbaren sind u.a. die einseitige Einflussnahme auf Bildungsinhalte oder direkte Produktewerbung. Auch die kommerzielle Nutzung von personenbezogenen Daten, die allenfalls über digitale Unterrichtsaktivitäten erhoben werden können, muss ausgeschlossen werden.» 


Neben der Charta gibt es auch einen Leitfaden zum Thema. «Der Leitfaden kommentiert verschiedene Beispiele aus pädagogischer und rechtlicher Sicht. Es gibt da kein Schwarz-Weiss, es gibt ganz viele Graubereiche», sagte Beat W. Zemp im «Tagesgespräch» dazu. Die Abbaumassnahmen in diversen Kantonen tragen aus seiner Sicht zwar dazu bei, dass Lehrpersonen auch auf Angebote Privater beispielsweise im Lehrmaterialienbereich zurückgreifen. Allerdings sieht er dadurch die Tradition der Schweiz, dass Bildung ein öffentliches Gut ist, nicht grundsätzlich gefährdet. (pd/dc)


Sendung anhören
Beat Zemp – Sponsoring an öffentlichen Schulen (Radio SRF1, Tagesgespräch, 8.11.2016)

Weitere Informationen

Leitfaden LCH: «Externe Bildungsfinanzierung – Förderung, Sponsoring, Fundraising und Kostenauslagerungen»

Charta vom 8. November 2016: «Sponsoring, Förderung und Finanzierung von öffentlicher Bildung durch private Anbieter»


Weitere Pressestimmen
Leitplanken für Sponsoring im Schulzimmer (Berner Zeitung online, 9.11.2016)

Lehrerverband will Leitplanken für Sponsoring an Schulen (Tagesschau, SRF1, 8.11.2016)

Firmen und Verbände drängen in die Schulzimmer (NZZ online, 8.11.2016)

Lehrerverband will Leitplanken für Sponsoring an Schulen (Solothurner Zeitung online, 8.11.2016)

Firmen machen sich in Schweizer Schulen breit (20 Minuten online, 11.10.2016)

Aldi drängt mit Früchten in Schweizer Schulen (20 Minuten online, 7.10.2016)

Datum

10.11.2016