NW: Regierungsrat will Frühfranzösisch abschaffen

Die Nidwaldner Regierung hat sich dafür ausgesprochen, den Französischunterricht auf der Primarstufe abzuschaffen. Im Gegenzug sollen auf der Oberstufe mehr Lektionen für das Französisch zur Verfügung gestellt und ein Sprachaufenthalt verbindlich eingeführt werden. 

Seit 1996 wird in Nidwalden ab der 3. Klasse Englisch und ab der 5. Klasse Französisch unterrichtet. Dies entspricht der Sprachenstrategie (Modell 3/5) der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK).

Französischunterricht erst in der Oberstufe
Die Kritik, dass zwei Fremdsprachen in der Primarschule die Schülerinnen und Schüler überfordern würden, führte in Nidwalden dazu, dass 2013 einstimmig ein Postulat verabschiedet wurde, welches die Erarbeitung eines breit abgestützten Berichts zum Fremdsprachenunterricht und insbesondere zum Französisch in der Primarschule verlangte. Im April 2014 wurde zudem eine Volksinitiative eingereicht, die das Unterrichten nur noch einer Fremdsprache auf der Primarstufe forderte. Abgestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse, Umfrage-Resultate und auf die Ergebnisse des im Postulat eingeforderten Berichts bezieht der Regierungsrat des Kantons Nidwalden nun Stellung. Argumente wie die Überforderung der Kinder, die Vernachlässigung von Deutsch als Erstsprache, die Sprachlastigkeit der Primarschule auf Kosten anderer Fächer sowie die grosse Herausforderung für Lehrpersonen hätten nun zum Entscheid geführt, den Französischunterricht auf die Oberstufe zu verlegen. Das Französisch soll nicht geschwächt werden, betont der Nidwaldner Regierungsrat. Im Gegenteil: Der Französischunterricht soll mit mehr Lektionen auf der Oberstufe sowie einem verbindlichen Sprachaufenthalt intensiviert werden. Die Sprachkenntnisse würden so am Ende der obligatorischen Schulzeit mindestens gleich gut, wenn nicht besser ausfallen. 


Vorstösse in den Kantonen
Vorstösse gegen das Frühfranzösisch gibt es mittlerweile in mehreren Kantonen. Im Thurgau wurde eine Motion angenommen, die den Regierungsrat ebenfalls beauftragt, den Französischunterricht von der Primar- in die Sekundarschule zu verlagern. Zu den Kantonen, in denen sich Widerstand gegen das 3/5-Modell regt, zählen zudem Baselland, Graubünden, Luzern, Schaffhausen und Solothurn. In Graubünden ist die Initiative «Nur eine obligatorische Fremdsprache in der Primarschule» zustande gekommen. Im Kanton Luzern verfolgt ein Komitee, dem auch der Luzerner Lehrerinnen- und Lehrerverband angehört, dasselbe Ziel und sammelt derzeit Unterschriften für eine kantonale Volksinitiative. Die Sammelfrist läuft noch bis 27. September. In den Kantonen Baselland und Solothurn sind ähnliche Vorstösse hängig. Im Kanton Schaffhausen hat das Kantonsparlament ein Postulat überwiesen, welches die Forderung nach nur einer Fremdsprache auf der Primarstufe enthält. Ausgerechnet Christian Amsler, Schaffhauser Bildungsdirektor und Präsident der D-EDK, muss nun bei seinen Amtskollegen der D-EDK für eine Änderung des HarmoS-Konkordats plädieren. In Baselland ist derzeit sogar eine Volksinitiative unterwegs, die den HarmoS-Austritt fordert. 


Nationaler Zusammenhalt in Gefahr?
Diese Vorstösse alarmieren viele Politiker. Sie sehen den politischen Zusammenhalt in Gefahr, würde der Französischunterricht in der Primarschule gestrichen werden. Bundesrat Alain Berset betont im NZZ-Interview vom 22. August 2014, dass Föderalismus nicht heisse, dass jeder tun könne, was er wolle. «Jeder Kanton muss auch ein Auge auf das ganze Land werfen. Jeder ist ein wichtiger Teil der Schweiz und hat für den Zusammenhalt Sorge zu tragen», fordert er. Da die kantonalen Vorstösse dem HarmoS-Konkordat widersprechen, könnte der Fall eintreffen, dass der Bund 2015 ein Machtwort spricht.

Kommentar von Beat W. Zemp zum Fremdsprachenunterricht
Die kantonalen Vorstösse gegen zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe und die damit verbundene Gefährdung der Schulharmonisierung erhitzt die Gemüter mehr denn je. Die NZZ hat dies zum Anlass genommen, verschiedene Meinungen von Politikern und Bildungsexperten zu präsentieren, darunter auch den Gastkommentar von LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp. Was es brauche, damit früher Sprachenunterricht erfolgreich stattfinden und wie die Freude an der französischen Sprache und Kultur gefördert werden kann, erläutert er in seinem am 27. August 2014 veröffentlichten Kommentar «Der frühe Unterricht ist noch keine Erfolgsgeschichte». (bm)

Pressestimmen
Lesen Sie die aktuellen Pressestimmen zum Fremdsprachenunterricht unter folgendem Link: LCH in den Medien

 

Datum

28.08.2014