«Oberstufe würde sehr sprachenlastig»

Am Sonntag, 21. Mai 2017, stimmt das Zürcher Stimmvolk über die Initiative «Mehr Qualität – eine Fremdsprache an der Primarschule» ab. In einem grossen Interview mit dem «Tages-Anzeiger» erklärt Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH, weshalb er die Initiative unterstützt, obwohl er für den Sprachenkompromiss mit zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe ist. 

«Der Lehrerverband unterstützt alle Vorlagen, welche die Landessprachen stärken wollen. Da die Zürcher Bildungsdirektion bei einer Annahme der Initiative am Sonntag Englisch auf die Oberstufe verschieben will, würde Französisch gestärkt. Aber Sie haben recht: Das widerspricht dem interkantonalen Sprachenkompromiss. Das ist die Krux», erklärt Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH, im Interview mit dem Tages-Anzeiger. Die Wahrnehmung der Journalistin, das Engagement des LCH für die Initiative sei lauwarm, stützt Zemp:«Stünde im Initiativtext bereits, dass Englisch verschoben werden soll, hätten wir wohl mehr Geld gesprochen.» Dass die Entscheidung jedoch der Politik überlassen bleibt, schmälert die Zustimmung des Verbands deutlich. 

Sollte die Initiative angenommen werden, erwartet der Präsident des Lehrerverbands ein politisches Seilziehen, ob tatsächlich Englisch verschoben werden soll. Um dieses macht er sich keine Sorgen: «Englisch erreicht Kinder und Jugendliche auf allen Kanälen – Handy, Games, Musik, Chats.» Französisch hingegen lernten sie nur in der Schule. Die Oberstufe würde aus seiner Sicht aber mit der Verschiebung einer Fremdsprache auf die Oberstufe sehr sprachenlastig.


Um auf der Primarstufe erfolgreich zwei Fremdsprachen einzuführen, brauche es mehr Wochenlektionen, kleinere Klassen oder Halbklassenunterricht, spezielle Unterstützung sprachschwacher Schüler und mehr Austausch mit der Romandie, sagt Zemp. Er ergänzt: «Ich bin enttäuscht, dass es so lange gedauert hat, bis unsere Anliegen von der Politik ernst genommen werden. Da hat sich viel Frustration in der Lehrerschaft aufgebaut.» Mit welcher Sprache man beginnen sollte, dazu gebe die Wissenschaft keine eindeutige Antwort. Jedoch weist Zemp darauf hin, dass Schülerinnen und Schüler in den meisten mehrsprachigen Länder in Europa zuerst eine zweite Landessprache lernen. Den Abstimmungssonntag in Zürich sieht er als Weichenstellung für die Einigung der Kantone in der Fremdsprachenfrage. (Tages-Anzeiger/dc)

Das ganze Interview zum Nachlesen
«Um das Englisch mache ich mir keine Sorgen» (Tages-Anzeiger, 18.05.2017)

Datum

18.05.2017