BILDUNG SCHWEIZ: Diese Ausgabe widmet sich den Schulreisen. Erinnern Sie sich noch an die Ausflüge während Ihrer Schulzeit?
ANTOINETTE KILLIAS: In meiner Schulzeit unternahmen wir nur wenige Schulreisen. Ich erinnere mich aber gut an den Ausflug, den wir in der ersten Klasse unternahmen. Er führte uns von Zürich Höngg nach Zürich Witikon an den Elefantenbach.
Was blieb Ihnen davon besonders in Erinnerung?
Es schien mir unglaublich weit weg zu sein. Erst viel später wurde mir klar, dass wir für die Reise gerade mal rund zehn Kilometer zurückgelegt hatten. An Details kann ich mich nicht mehr erinnern. Wahrscheinlich blieb mir der Ausflug vor allem wegen des bildhaften Namens hängen.
Sie reisen heute noch gerne. Wohin hat Sie Ihre letzte Reise geführt?
Letzten Juni bin ich in den Iran gereist. Es war atemberaubend schön, Kunst und Kultur vor Ort zu erleben. Das war vier Monate vor Beginn der Unruhen. Für Touristengruppen waren die Spannungen nicht so offensichtlich. In den Gesprächen erzählten uns Iranerinnen und Iraner jedoch, dass sie frustriert sind und keine Perspektiven mehr sehen.
Warum ausgerechnet Iran?
Während meines Studiums hörte ich eine Vorlesung über islamische Kunst. Dabei hat mich der Iran besonders angesprochen. In der Schule lernten wir zwar von der Kultur der Römer und Griechen, aber kaum etwas über jene der Perser – obwohl diese Region die europäische Kultur nachhaltig beeinflusst hat.
Nach Ihrer Rückkehr übernahmen Sie im August 2022 die Geschäftsführung des LCH. Könnte man Sie als Quereinsteigerin in die Bildungslandschaft bezeichnen?
Ich betrachte mich als «teilweise Quereinsteigerin». Ich war ja 25 Jahre im Integrationsbereich tätig – davon 15 Jahre beim Hilfswerk Heks. Da arbeitete ich mit sozial benachteiligten Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund. Für die Integrationsprogramme war Bildung ein zentraler Bestandteil. Sie ist mir daher vertraut. Als Erwachsenenbildnerin habe ich ausserdem selbst Bildungskonzepte für die Integration entworfen. Neu kommt jetzt die Perspektive der Volksschule hinzu.
Wie haben Sie sich in die Welt der Volksschule eingearbeitet?
Ich habe viel recherchiert und Fachartikel gelesen. Es war mir aber vor allem wichtig, mit Lehrerinnen und Lehrern sowie weiteren Menschen aus der Praxis zu sprechen. Ihre Erfahrungen im Alltag decken sich nicht unbedingt damit, was gute Schule gemäss Forschung alles kann und soll. Idealerweise werden sowohl Forschungserkenntnisse als auch Erfahrungen aus der Praxis gleichermassen berücksichtigt. Zusammen ermöglichen sie eine Weiterentwicklung der Schule.
Was ist nach diesem halben Jahr Ihr Eindruck von der hiesigen Bildungslandschaft?
Es ist eine grosse Vielfalt an Herausforderungen, mit der Lehrpersonen im Alltag konfrontiert sind. Mein Arbeitsantritt fiel mit der LCH-Pressekonferenz zum Lehrpersonenmangel zusammen. Das ist jedoch nur eines der drängenden Themen. Die integrative Schule stösst an Grenzen, was nicht zuletzt mit fehlenden Ressourcen und der Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer zu tun hat.
«Es ist wichtig, nicht in starren Strukturen zu verharren.»
Wie kann der LCH in dieser Vielfalt fokussiert bleiben?
Indem er sich seiner zwei wesentlichen Aufgaben bewusst bleibt. Er ist ein Dienstleister für seine Mitglieder und stellt seinen Kantonalsektionen wichtige Dokumente mit ausgearbeiteten Argumentarien zur Verfügung. Das strukturiert die vielen Themen und Aufgabengebiete. Wir haben Positionspapiere, aber auch rechtliche Gutachten, die bei vielen wichtigen Themen Fakten und Orientierung bieten. Der LCH hat auf nationaler Ebene zudem eine grosse Ausstrahlungskraft. Da kann er gezielt seine Themen setzen.
Die Schweiz hat eine lange Verbandstradition. Was zeichnet heute einen modernen Verband aus?
Der LCH als einer der grössten Personalverbände ist jetzt schon sehr gut aufgestellt. Seine Mitgliederzahl ist auf hohem Niveau konstant, während andere Verbände einen Rückgang verzeichnen. Das ist eine gute Ausgangslage, damit sich der Verband weiterentwickeln kann. Es ist dabei vor allem wichtig, nicht in starren Strukturen zu verharren.