Herbstsession 2021: Parlament verhandelt über heisse Eisen

In der Herbstsession hat das Parlament die AHV-Reform weiter behandelt und die letzten Differenzen beim Tabakproduktegesetz ausgeräumt. In Bezug auf Tabakwerbung wird aber das Volk das letzte Wort haben. Zu reden gab auch der Vaterschaftsurlaub. 

Bild: Parlamentsdienste 3003 Bern

In der neuen AHV-Reform ist die Anhebung des Frauen-Rentenalters von 64 auf 65 Jahre bereits beschlossene Sache. Über viele Details ist sich aber das Parlament noch nicht einig. So hat sich der Ständerat in der Herbstsession, die am 1. Oktober 2021 zu Ende ging, mit der Vorlage befasst. Im Vergleich zum Nationalrat ist er grosszügiger gegenüber Frauen, die in den Jahren nach der AHV-Reform in Pension gehen und von der Erhöhung des Rentenalters am stärksten betroffen sind. Er will für mehr Übergangsjahrgänge Rentenzuschläge leisten. Nun befasst sich der Nationalrat wieder mit dem Ausgleich. 

Tabakproduktegesetz verkommt zur Alibiübung 

Das Parlament hat die letzten Differenzen im Tabakproduktegesetz bereinigt. So folgte der Nationalrat dem Ständerat bei der Entscheidkompetenz der Kantone. Diese sollen jeweils strengere Vorschriften für Werbung, Sponsoring und Verkaufsförderung erlassen können, als es das nationale Gesetz vorsieht. In den meisten Punkten haben die Räte die Vorlage aber aufgeweicht. Zu Beginn der Herbstsession hatte sich die grosse Kammer noch für ein Verbot von Tabakprodukten ausgesprochen, die das Abhängigkeitspotenzial erhöhen oder die Inhalation erleichtern. Dies betrifft etwa die Mentholzigaretten. Im Verlauf der Session schwenkte der Nationalrat aber auf die Linie der kleinen Kammer um und sah von einem Verbot dieser umstrittenen Zigaretten ab. 

Für die Urheber der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» gehen die im Tabakproduktegesetz beschlossenen Restriktionen zu wenig weit. In einer Medienmitteilung haben sie das neue Gesetz als Alibiübung bezeichnet: «Leider bleiben genau diejenigen Werbemassnahmen, die Jugendliche am stärksten erreichen, weiterhin erlaubt.» Sie setzen daher auf die Initiative, die der Ständerat in dieser Session zur Ablehnung empfohlen hat und voraussichtlich im nächsten Jahr an die Urne kommt. Auch der Bundesrat zeigte sich enttäuscht: Die Vorlage ist laut Alain Berset kein grosser Fortschritt. Aufgrund der fehlenden Einschränkungen von Werbung und Sponsoring erfüllt das neue Tabakproduktegesetz nach wie vor nicht die Voraussetzungen, damit die Schweiz die internationale Rahmenkonvention über die Tabakkontrolle (FCTC) ratifizieren kann. 

Vaterschaftsurlaub nach wie vor im Rampenlicht 

Der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub ist auf Bundesebene per 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Dennoch gibt er im Parlament nach wie vor zu reden. So will der Kanton Jura mit einer Standesinitiative erreichen, dass die Kantone grosszügigere Regelungen und Modalitäten zum Eltern- und Vaterschaftsurlaub erlassen dürfen. Dies hat der Ständerat abgelehnt. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. Dieser hat sich derweil gegen eine parlamentarische Initiative ausgesprochen, welche die Mutterschaftsentschädigung und den Vaterschaftsurlaub aufheben wollte. Stattdessen sollte eine Elternzeit zu gleichen Teilen eingeführt werden, also je 14 Wochen für Mutter und Vater. Nach der Ablehnung ist die Initiative vom Tisch. 

Im Interesse von Kindern und Jugendlichen 

Nicht nur am diesjährigen Schweizer Bildungstag von LCH und SER, sondern auch im Parlament stand die frühe Kindheit auf dem Programm. Der Ständerat hat ein Postulat angenommen, gemäss dem der Bundesrat die Schaffung einer nationalen Beobachtungsstelle zur frühen Kindheit prüfen muss. Hier fehlt zurzeit eine übergeordnete Koordinationsinstanz mit Monitoringaufgaben. Ein Herz für Mädchen und Jungen hatte das Stöckli auch mit seinem Entscheid, eine nationale Social-Media-Kampagne gegen Mobbing und Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen zu lancieren. Nach dem Nationalrat hat er die entsprechende Motion ebenfalls angenommen. Der Bundesrat will nun die Kampagne über die nationale Plattform «Jugend und Medien» umsetzen. 

Zuletzt hat der Ständerat eine Motion seiner Bildungskommission angenommen, welche die Ausbildungsmöglichkeiten für spät zugewanderte Jugendliche verbessern will. 2019 hatte der Bundesrat das Pilotprogramm der Integrationsvorlehre auf spät Zugewanderte aus EU-, Efta- und Drittstaaten ausgedehnt. Befristet bis Mitte 2024 zahlen Bund und Kantone je 18 Millionen Franken pro Jahr. Stimmt nun auch der Nationalrat der Motion zu, muss der Bund die Kantone längerfristig finanziell unterstützen. 

Datum

01.10.2021

Autor
Maximiliano Wepfer