Standpunkte

Keine Harmonisierung der Beurteilung?

Die Lehrpläne der Deutschschweiz wurden harmonisiert. Wieso gelingt dies bei der Beurteilung nicht?

Ruth Fritschi, Mitglied der Geschäftsleitung LCH

Im November 2020 erreichte die Geschäftsleitung LCH ein Antrag, der LCH solle dafür sich einsetzen, dass die Beurteilung in der Schule endlich harmonisiert werde. Die GL hat für dieses grundlegende Anliegen viel Verständnis, doch wird der LCH keine neue Strategie fahren. Diese allgemeine Forderung hat in Anbetracht der Zuständigkeiten in der Schweizer Bildungslandschaft keine Aussicht auf Erfolg. Seit 2013 hat sich der LCH dazu schon mehrmals positioniert.

Kein Nachfolgeprojekt

Als Mitglied der Begleitgruppe des grossen Projekts der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz (D-EDK) «Lehrplan 2» forderte der LCH, dass die D-EDK zur Koordination der Beurteilung ein Nachfolgeprojekt lanciert. Dieses kam nicht zustande, weil die Politiker damals den Lehrplan 21 nicht mit einer erneuten Notendiskussion gefährden wollten. Sie behaupteten zudem, dass sich mit dem Lehrplan 21 in der Beurteilung nicht viel ändere und dass für die notwendigen Anpassungen die Kantone zuständig seien. Dabei ging es um die konkreten Fragen: Gleiche Benennung der Fächer (einheitliches Zeugnis für die Volksschule)? Abgeglichene Promotions- und Übertrittsreglemente? Welche Folgen hat eine Nichterreichung von Grundkompetenzen? Wie werden die sozialen und personalen Kompetenzen beurteilt? 

2015 begrüsste der LCH, dass man zum Thema Beurteilung nun doch überkantonal weiter im Gespräch bleiben wollte. Es wurde eine Ad-hoc-Gruppe gebildet, die zu den viel kritisierten Handlungsfeldern eine Materialsammlung für zuständige Gremien in den Kantonen erarbeitet hat. Dies war ein grosser Schritt in Richtung mehr Transparenz und weiterführende Zusammenarbeit zwischen den Kantonen. Seither sind die Kantone ganz unterschiedlich unterwegs.

Einsatz lohnt sich

Als Beteiligte beim neuen Beurteilungskonzept im Kanton St. Gallen möchte ich an dieser Stelle alle Vorstände in den Sektionen auffordern, sich hartnäckig und ausdauernd bei der Ausarbeitung eines kantonalen Konzepts einzubringen. Zwar sind wir im Kanton St. Gallen nicht mit allen Beschlüssen des Bildungsrates zufrieden, doch haben wir nach vielen Sitzungen, Hearings und Vernehmlassungsschreiben einige Erfolge erreicht. Ab dem Schuljahr 2021/22 gilt das neue Reglement über Beurteilung und Übertritt in der Volksschule.

Unsere wichtigsten Erfolge in Kürze: Von der zweiten bis zur sechsten Klasse wird erst am Ende des Schuljahres ein Zeugnis erstellt. Die Gesamteinschätzung der Lehrperson wird gestärkt. Die Einschätzung des Arbeits-, Lern- und Sozialverhaltens ist Bestandteil des Beurteilungsgesprächs und wird nicht dem Zeugnis beigelegt. Dazu wurde eine hilfreiche Handreichung Schullaufbahn erarbeitet, aus meiner Sicht eine empfehlenswerte Lektüre.

Datum

05.01.2021

Autor
Ruth Fritschi

Publikation
Standpunkte