Parlamentswahlen 2019: Mehr Lehrpersonen in Bern

Nicht nur grüner und weiblicher, sondern auch «pädagogischer»: An den Parlamentswahlen vom 20. Oktober 2019 hat das Stimmvolk neu sechs Lehrerinnen und Lehrer in die grosse Kammer gewählt. Damit hat sich der Anteil an Lehrpersonen unter den Nationalrätinnen und -räten mehr als verdoppelt. 

Die grünen Parteien feierten an den Parlamentswahlen vom 20. Oktober 2019 einen Erdrutschsieg. Die GLP legte um 9 auf 16 Sitze zu, die Grünen gewannen 17 Sitze und kommen neu auf 28 Mandate im Nationalrat. Das Parlament wird auch weiblicher: Bisher gab es 63 Nationalrätinnen, neu sind es 85. Der Frauenanteil im Nationalrat liegt nun bei 42,5 Prozent. Letzteres ist aus Sicht des LCH ebenso erfreulich wie die Tatsache, dass ab der kommenden Legislatur Lehrpersonen deutlich stärker in Bern vertreten sind. Neben den fünf bisherigen wurden neu weitere sechs Nationalrätinnen und -räte gewählt, die mit dem Lehrberuf verbunden sind.

Kopf-an-Kopf-Rennen in Graubünden und Uri
Neu im Bundeshaus sitzt die Präsidentin von Lehrpersonen Graubünden LEGR, Sandra Locher Benguerel. Die 44-jährige Primarlehrerin, die für die SP im Bündner Grossrat politisiert, machte das Rennen mit 9567 Stimmen und bloss 64 Stimmen Vorsprung gegenüber Josias Gasser von der GLP. Auf ihrer Website bedankt sich Locher Benguerel für die Unterstützung: «Ich werde mit Freude und Engagement in Bern Brücken für tragfähige Lösungen für eine fortschrittliche Schweiz bauen.» Knapp wurde es auch im Kanton Uri, wo Simon Stadler 4685 Stimmen holte und mit 344 Stimmen Vorsprung für die CVP den einzigen Urner Nationalratssitz gewann. Der 31-Jährige aus Altdorf arbeitete zunächst sieben Jahre als Maurer und unterrichtet heute als Primarlehrer an der Kreisprimarschule Seedorf-Bauen. Er ist der Sohn des Urner Alt-Ständerats Hansruedi Stadler.

Alle guten Dinge sind drei
Durch die Familie vorgeprägt ist auch die neu gewählte Lilian Studer aus Wettingen (AG): Ihr Vater Heiner sass ebenfalls für die EVP im Nationalrat. Die 41-jährige ausgebildete Lehrerin für Textiles Werken politisiert seit 2002 im Aargauer Grossen Rat und hatte schon zweimal für einen Sitz im Nationalrat kandidiert. Ebenfalls erst beim dritten Anlauf hat es für die 53-jährige Solothurnerin Franziska Roth geklappt. Die Heilpädagogin präsidiert die SP des Kantons Solothurns und gehört seit 2009 dem Kantonsrat an. Als Neuling zieht auch der Zürcher Jörg Mäder von der GLP in den Nationalrat ein. Für den 44-Jährigen ist die Politik unterdessen die Hauptbeschäftigung: Zum einen als Gesundheitsvorsteher der Stadt Opfikon, zum anderen als Kantonsrat. Nebenbei hat er ein kleines Pensum als Mathematiklehrer an der Schweizerischen Technischen Fachschule Winterthur. Nicht mehr als Lehrerin tätig ist die 46-jährige Aargauerin Gabriela Suter. Die selbstständige Historikerin, die viele Jahre Geschichte und Staatskunde an der Alten Kantonsschule Aarau unterrichtete, hat eine politische Blitzkarriere für die SP hingelegt. Seit 2017 sitzt sie im Grossen Rat, seit diesem Juni ist sie Präsidentin der SP Aargau – und nun gelingt ihr der Schritt aufs nationale politische Parkett.

Hoffnung auf den Sprung ins Stöckli
Die fünf Bisherigen mit pädagogischem Hintergrund haben die Wiederwahl klar geschafft. Seit 2013 vertritt die Schaffhauserin Martina Munz die SP in der grossen Kammer. Bis 2016 hat die Bildungsexpertin noch als Lehrerin an der Berufsschule Bülach unterrichtet. Bei ihrem Berner Parteikollegen Matthias Aebischer liegt die pädagogische Tätigkeit noch länger zurück: Er hat zuletzt 1990 als Lehrer gearbeitet. Anschliessend wechselte er in den Journalismus, bevor er 2011 in den Nationalrat gewählt wurde und zeitweilig auch die nationalrätliche Bildungskommission präsidierte. Bereits seit 2003 in der grossen Kammer sitzt CVP-Präsident Gerhard Pfister. Der ehemalige Lehrer für Literatur und Philosophie wirkt heute als Verwaltungsratspräsident der privaten Tagesschule Elementa in Neuheim (ZG). Auch seine Luzerner Parteikollegin Andrea Gmür-Schönenberger war früher im Lehrberuf als Gymnasiallehrerin für Englisch und Französisch tätig; aktuell arbeitet sie als Geschäftsführerin einer Stiftung in Luzern. Sie kandidiert für den Ständerat und tritt nun im zweiten Wahlgang an. Dies trifft auch für SP-Nationalrat Mathias Reynard zu. Der 32-jährige Walliser, der nach wie vor als Lehrer auf der Sekundarstufe II in Savièse tätig ist, macht sich noch Hoffnungen auf einen Sitz im Stöckli. (mw; Bild: Screenshot Südostschweiz)

Weitere Informationen
«Das sind alle gewählten Nationalrätinnen und Ständeräte» (NZZ, 21.10.2019)
«Das ist das neue Parlament» (Tages Anzeiger, 21.10.2019)
«Der Tag, an dem Chur alles über den Haufen warf» (Südostschweiz, 20.10.2019) 
«Die Jobs der Neugewählten: Im neuen Nationalrat sitzen noch mehr Berufspolitiker» (SRF 1, Tagesschau, 05.11.2019)

Datum

21.10.2019