Standpunkte

Qualitativer Lehrermangel

Seit Jahren macht der LCH auf den drohenden Lehrermangel aufmerksam. Nun zeigt sich dieser an vielen Orten sehr deutlich, wird aber an vielen Schulen noch kaschiert. Sie fragen sich wahrscheinlich nun: wie das? Es geschieht durch die Besetzung von offenen Stellen mit nicht adäquat ausgebildeten Lehrpersonen.

Eine beliebte Variante, den Lehrermangel zu kaschieren, ist die Anstellung von fach- oder stufenfremden Lehrpersonen oder von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern, vorerst ohne Ausbildung, aber mit Interesse am Unterrichten.

Quereinsteigende geben einem Kollegium neue Impulse. Sie bringen ihre individuelle Berufserfahrung ins Team ein, was sehr bereichernd sein kann. Ebenso kann der Unterricht in einem Fach, für das man nicht ausgebildet ist, die persönliche Weiterentwicklung befeuern und der Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen Schub verleihen. Stufenfremdes Unterrichten hat im Bereich der Klassenführung meist keine qualitativen Einbussen zur Folge. Vielfach sind es Kolleginnen und Kollegen, die sogar überdurchschnittlich engagiert Schule geben und sich vorbereiten. Es kann durchaus sein, dass sie ihre Berufung gefunden haben. Alles in Ordnung also? So scheint es zumindest auf den ersten Blick.

Auf den zweiten Blick belasten diese Anstellungen das Kollegium vor Ort. Oftmals helfen erfahrene Teammitglieder durch Zusammenarbeit aus oder übernehmen zusätzliche Aufgaben im Kollegium, da diese neuen Kolleginnen und Kollegen mit der Vorbereitung des Unterrichts bereits sehr gut ausgelastet sind. Das Team leistet also Mehrarbeit. Auch für die unpassend oder ungenügend Ausgebildeten ist es nicht einfach. Ohne (passende) Ausbildung versuchen sie ihr Bestes und investieren viel für einen guten Unterricht – bis zur Grenze ihrer Belastbarkeit oder sogar darüber hinaus. Oftmals ergibt sich durch die befristete Anstellung ein zusätzlicher psychischer Druck. Im Unterricht leidet meist die Individualisierung. Differenzierender Unterricht ist bereits für gestandene Lehrpersonen eine grosse Herausforderung – man stelle sich die Bewältigung dieser Aufgabe ohne den grossen fachlichen Rucksack aus der Ausbildung oder sogar ohne pädagogische Vorbildung vor.

Damit möglichst alle Lernenden von adäquat ausgebildeten Lehrpersonen unterrichtet werden können, fordert der LCH, dass die Rahmenbedingungen attraktiv(er) gehalten werden, sodass die geeigneten Personen gewonnen und auch im Job gehalten werden können.

Datum

30.04.2019

Autor
Samuel Zingg

Publikation
Standpunkte