Standpunkte

Sind digitale Technologien besser als traditionelle Methoden?

Bei Diskussionen um digitale Technologien in der Schule taucht oftmals die Forderung nach wissenschaftlichen Studien auf. Die Wissenschaft soll klären, ob eine neue Technologie X besser ist als der traditionelle Ansatz Y. Man möchte eine einfache und klare Antwort auf die Frage, ob digitale Technologien einen Nutzen bringen.

Diese Art von direkten Vergleichsstudien «ohne Computer versus mit Computer» wurde vor allem in der Frühzeit von digitalen Geräten in der Schule durchgeführt (von ca. Mitte 1980 bis Mitte 1990). Es wurden in dieser Zeit hunderte von Studien durchgeführt, welche traditionelle (ohne digitale Technologien) mit technologie-unterstützten Unterrichtsmethoden verglichen haben.

Seit Mitte der 90er-Jahre ist die Forschung weitgehend von solchen direkten Vergleichsstudien abgekommen. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens ist der direkte Vergleich «mit oder ohne Technologie» wissenschaftlich nicht sinnvoll, da neue Technologien vor allem dann einen Mehrwert bringen, wenn sie von neuen Lehr- und Lernmethoden begleitet werden. Es macht für den Lernprozess keinen grossen Unterschied, ob beispielsweise die Lehrperson einen Text auf die Wandtafel oder auf das Smartboard schreibt; oder ob die Lernenden dasselbe Arbeitsblatt auf Papier oder auf dem Tablet ausfüllen. Alter Wein in neuen Schläuchen. Wenn man jedoch den didaktischen Ansatz verändert, kann man die beiden Bedingungen nicht mehr direkt miteinander vergleichen.

Zweitens sind digitale Technologien aus der Schule und dem Alltag nicht mehr wegzudenken, und es ist daher fragwürdig, einen Unterricht ohne den Einsatz digitaler Technologien als «Gold-Standard» festzulegen. In der aktuellen Forschungsphase geht es daher nicht mehr um Vergleiche – was besser ist –, sondern darum, wie man digitale Technologien und deren Nutzung gestalten soll. Dazu werden Fall- und Designstudien durchgeführt, in denen an konkreten Fällen untersucht wird, welche Faktoren Lehr- und Lernprozesse beeinflussen.

Die immer noch oft gestellte Frage, ob Technologien besser sind als traditionelle Methoden, kann (und sollte) daher nicht mit einer einfachen Antwort geklärt werden. Es geht vielmehr darum, wie und wozu die Technologien eingesetzt werden. Die neuen Technologien bringen nur dann einen Mehrwert, wenn die neuen Möglichkeiten auch entsprechend genutzt werden. Der kritische Faktor dabei ist die entsprechende Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen. Auf die Didaktik kommt es an! Lehrpersonen müssen lernen, wie man Technologien einsetzt und mit neuen didaktischen Ansätzen verbinden kann. Dazu müssen sie ausgebildet, regelmässig weitergebildet und vor Ort unterstützt werden. Das kürzlich veröffentlichte Positionspapier des LCH beschreibt diese und weitere Faktoren, die notwendig sind, damit digitale Technologien sinn- und massvoll zur Bereicherung des Unterrichts eingesetzt werden können.

Datum

03.07.2018

Autor
Beat A. Schwendimann

Publikation
Standpunkte