Standpunkte

Warum es zwei Fremdsprachen an unserer Volksschule braucht!

Weil es für die Jugendlichen wertvoll ist! Betrachten wir doch die Volksschule aus Sicht der Lernenden: Was soll sie ihnen bieten? – Eine optimale Vorbereitung auf ihre spätere Tätigkeit. Ein breites Allgemeinwissen – darf man dies noch sagen? Oder müsste es ein breites Repertoire an allgemeinen Grundkompetenzen heissen?

Ein Schwerpunkt der Sekundarstufe I, auf welcher ich unterrichte, ist die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Lehrzeit und ihre zukünftige Tätigkeit. Oft werden wir von extern angehalten, die Lernenden für die Wirtschaft fit zu machen. Was aber bedeutet dies konkret am Beispiel der Fremdsprachen?

Um im Schweizer Arbeitsmarkt zu bestehen, brauchen wir ein Plus – etwas, das uns bezüglich Anstellung und Lohn gegenüber anderen einen Vorteil bringt. Englisch kann heutzutage jedermann und brauchen wir als Fremdsprache gezwungenermassen zu unterrichten, keine Frage. Einen Vorteil bringt aber beispielsweise die zusätzliche Landessprache. Die Stütze der Schweizer Wirtschaft und damit unseres Wohlstandes sind die vielen KMU. Diese operieren mehrheitlich innerhalb des Schweizerischen Marktes und dieser ist mehrsprachig. Der Unterricht in unseren Landessprachen hat also nicht nur symbolische Bedeutung, er dient auch nicht nur dem Zusammenhalt innerhalb unseres Landes, sondern er entspricht auch einem wirtschaftlichen Bedürfnis.

Dazu noch eine kleine Geschichte: Einem spezialisierten KMU aus unserem kleinen Kanton Glarus läuft es gut. Die Firma hat genügend Aufträge, ist erfolgreich, kann jedoch keine lukrativen Aufträge im frankophonen Markt ergattern. Der Chef hat sich schon mehrfach darüber geärgert, dass er bei Aufträgen in der welschen Schweiz oder Frankreich nicht oder sehr selten zum Zuge kommt. Der Grund sei, dass sie in der Firma niemanden hätten, der fliessend auf Französisch kommunizieren könne und die Westschweizer wollen einfach nicht via englisch kommunizieren, weil das zu Missverständnissen führe. Er hat dieses Problem schon länger, würde aber nicht auf die Idee kommen, einen Mitarbeiter (oder Lehrling) im Französischen zu fördern…

Was erwarten wir von einem Unterricht in einer zweiten Fremdsprache? Meiner Meinung nach sollten die Ziele an unserer Volksschule bezüglich einer zweiten Fremdsprache, respektive einer zweiten Landessprache die folgenden sein:

  • Die Jugendlichen sollen die Kultur eines anderssprachigen Landesteils kennenlernen.
  • Die Jugendlichen sollen sich verständigen können. Nicht der grammatikalische Aspekt der Sprache, sondern die Kommunikation in dieser zweiten Landessprache soll im Vordergrund stehen.
  • Eine Basis in der Lautbildung ermöglicht nach der Volksschule einen raschen Spracherwerb

Die Volksschule soll eine Basis legen und den Jugendlichen die Neugierde auf unsere «anderen Mitschweizer» und auf die Sprache fördern – und nicht etwa einen grammatikalisch perfekt sprechenden und schreibenden Schüler ausbilden.

Datum

10.01.2017

Autor
Samuel Zingg

Publikation
Standpunkte