Standpunkte

Abbau in der Bildung trifft Menschen

Mich beschäftigen die verheerenden Auswirkungen der vielen Abbaumassnahmen in der Bildung.

Was mit dem Etikett «Sparen» verkauft wird, ist das Gegenteil: Am hohen Gut Bildung wird abgebaut, mit gravierenden Folgen, die jetzt sichtbar werden. Der LCH ist entschlossen, sich gegen diese katastrophalen Verschlechterungen in der Bildung zu stemmen – denn sie treffen unsere Kinder und Jugendlichen, die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die Gesellschaft. Als Ganzes beschädigen sie die Zukunftsaussichten der Schweiz. Was in verbrämt umschriebenen politischen Massnahmen daher kommt, zeigt in den Schulen ihre schlimme Auswirkung:

  • Zum Beispiel Aziz im Kanton Aargau: Er ist 12 Jahre alt, vor zwei Jahren kam er als Flüchtling in die Schweiz. Er wird sonderpädagogisch integriert unterrichtet, weil er grosse Mühe mit der deutschen Sprache hat und zudem kriegstraumatisiert ist. Seine DAZ-Lektionen sind soeben halbiert worden, dabei würde er eher eine Verdoppelung benötigen. Aber das liegt gemäss «Aufgaben- und Finanzplan» nicht drin.
  • Zum Beispiel Lucien im Kanton Luzern: Lucien ist 17 Jahre alt und besucht das Gymnasium. Das Kantonsparlament hat ihm letztes Jahr eine zusätzliche Woche Zwangsferien aufgebrummt. Das hat ihn gar nicht gefreut, weil er die gleichen Unterrichtsziele erreichen muss, wie seine Kolleginnen und Kollegen in anderen Kantonen. Für ihn ist das «Spar- und Entlastungspaket» zu einer Belastung geworden.
  • Zum Beispiel Biljana und Frau Brändli in der Stadt Basel: Biljana ist 8 Jahre jung und besucht mit Freude die zweite Klasse in der Stadt Basel. Sie mag ihre Lehrerin, Frau Brändli, sehr. Aber Frau Brändli ist in letzter Zeit häufig krank und dann kommt eine Stellvertretung in die Schule. Frau Brändli ist 55 und sie hat der Klasse gesagt, dass sie es immer strenger findet und dass sie deswegen ab dem Sommer weniger unterrichten wird. Die Altersentlastung, die sie früher zu Gute gehabt hätte, würde sie brauchen. Da diese gestrichen wurde, muss sie jetzt selbst für ihre Entlastung aufkommen. Die Stellvertretungen sind nett, aber die Klasse ist unruhiger als vorher. Biljana vermisst ihre Lehrerin.
  • Zum Beispiel Heinz Burkhalter im Kanton Basel-Landschaft: Er ist 48 Jahre alt und unterrichtet seit 20 Jahren an einer Sekundarschule im Kanton BL. Vor einem Jahr musste er der Presse entnehmen, dass er im nächstem Schuljahr als Fachlehrperson eine Lektion mehr unterrichten muss und ihm gleichzeitig der Lohn um 1 Prozent gekürzt wird. Da er sich jetzt schon überlastet fühlt, hat er beschlossen, sein Pensum von 100 auf 80 Prozent zu reduzieren. Eine happige Lohneinbusse, die er zu tragen hat und die sich auch auf seine Pension auswirken wird. Aber Heinz will nicht krank werden.
  • Zum Beispiel Ivana im Kanton Bern: Sie ist 14 und kommt aus Entschwil im Berner Oberland. Ihre Schule ist vor Kurzem mit derjenigen der Gemeinde Oey zusammengelegt worden. Dadurch kann sie nicht mehr wie vorher in fünf Minuten zu Fuss zur Schule gehen, sondern muss mit dem Schulbus vierzig Minuten nach Oey in die Oberstufenschule fahren. Sie ist eine gute Schülerin und will gerne ans Gymnasium in Thun. Am besten gefallen ihr Sprachen und Heldengeschichten. Ihr älterer Bruder sagt ihr aber, dass sie nicht mehr wie er das Schwerpunktfach Altgriechisch belegen kann. Schwerpunktfächer wurden nämlich abgeschafft, dazu gehört nebst Russisch auch Griechisch.
  • Zum Beispiel Dorothee Meier im Kanton Luzern: Die 32-jährige Lehrerin arbeitet im luzernischen Willisau. Sie hat erfahren, dass sie ab August 2017 eine Lektion mehr unterrichten muss. Ab dem Sommer ist sie Klassenlehrerin einer sechsten Klasse. Ihr stehen die wichtigen Übertrittsgespräche mit den Schülerinnen und Schülern und deren Eltern bevor. Jetzt muss sie wohl die Gespräche zeitlich einschränken, denn auch die Unterrichtsvorbereitung ist anspruchsvoll und beansprucht viel Zeit. Sie hat zudem bald mehr Kinder in der Klasse, wenn die Mindestzahl angehoben wird. Sorgen bereitet ihr auch, dass sich infolge des Zeitmangels vermehrt Konflikte mit den Eltern und den Schülern ergeben könnten.

Ein paar Beispiele aus ein paar Kantonen. Massnahmen entworfen am Schreibtisch, politisch entschieden in Räten, «ausgebadet» in den Schulen. Gegen diesen Abbau auf Kosten der Bildung, spürbar auf dem Buckel von Kindern und Jugendlichen, Lehrpersonen und Eltern wird sich der LCH zusammen mit seinen kantonalen Verbänden sowie den Stufenorganisationen weiterhin entschieden wehren.

Datum

30.05.2017

Autor
Franziska Peterhans

Publikation
Standpunkte