Standpunkte

«Beurteilung mit dem Lehrplan 21» – politisch und gesellschaftlich nach wie vor ein sensibles Thema

Ruth Fritschi, Mitglied der Geschäftsleitung LCH

Ein neues Buchprojekt zur Thematik «Beurteilen» löste in den ständigen Kommissionen und in der Präsidentenkonferenz LCH engagierte, hitzige Diskussionen aus. Seit 2014 ist der Lehrplan 21 zur Implementierung freigegeben und kantonale Anpassungen wurden gemacht. Heute ist dessen Einführung in den 21 Deutschschweizer Kantonen und dem Fürstentum Liechtenstein beschlossen. Damit verbunden müssen die Kantone ihre Regelungen, die Zeugnisse sowie allfällige Handreichungen zur Beurteilungsthematik überprüfen und anpassen. Wie bei der Einführung des neuen Lehrplans sind die Kantone in der Thematik Beurteilung und Zeugnisse sehr unterschiedlich unterwegs.

Das Verlagsteam LCH machte sich zur Thematik Beurteilung und Zeugnisse ebenfalls Gedanken und überlegte, welche Verlagsprodukte dazu kritisch überprüft werden müssen. Das Buch «Noten, was denn sonst» aus der Produktelinie Berufs- und Fachliteratur wurde mit dem aktuellen Hintergrund von verschiedenen Seiten gelesen und eingeschätzt. Auch wenn mit dem Lehrplan 21 eine Beurteilung mit Noten weiterhin möglich ist, fällte das Verlagsteam den Entscheid, dass dieses Verlagsprodukt des LCH aus der Reihe genommen und ein neues Buchprojekt zur Thematik «Beurteilen» aufgegleist wird. Das Verlagsteam hat sich mit diesem Entscheid nicht gegen Noten ausgesprochen, sondern schätzte die verschiedenen Beiträge im Buch als nicht mehr zeitgemäss ein. Die Thematik «Beurteilen im 21. Jahrhundert mit dem LP 21» sollte aus verschiedenen Fachperspektiven neu dargestellt werden.

Weil die Kantone in der Thematik: «Beurteilen, Zeugnisse und Dokumentation» der «überfachlichen Kompetenzen» im Rahmen des LP 21 sehr unterschiedlich unterwegs sind, schätzte die Präsidentenkonferenz LCH im November 2019 das neue Buchprojekt äusserst kritisch ein. Als Vorstandsmitglied einer Kantonalen Sektion kann ich die Bedenken hinsichtlich kantonaler Forderungen zwar verstehen, doch als betroffene Praktikerin, Schulische Heilpädagogin im Zyklus 1 und 2, und als Präsidentin des Verlags LCH hätte ich mir zur Thematik «Beurteilung mit dem LP 21» ein philosophisches Werk mit der Darstellung von einigen Stossrichtungen gewünscht.

Zum Beispiel: Der Erwerb von Kompetenzen ist zeitintensiv. Die bilanzierende Beurteilung des Kompetenzstandes im Semester-Rhythmus fällt schwer. Die förderorientierte, prozessbegleitende Beurteilungstätigkeit steht von der Haltung aber auch von den zeitlichen Ressourcen her im Zentrum des Unterrichts. Diese Positionen sprechen ganz klar für ein Jahreszeugnis, was nicht bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler im Verlauf des Schuljahres keine Einschätzung ihrer Leistungen bekommen.

Zum Schluss berichte ich erleichtert über den Beschluss der Geschäftsleitung LCH. Das Buchprojekt «Beurteilen mit dem LP 21» wurde gestrichen, doch es wurde beschlossen, dass diese Thematik auf den Kommunikationskanälen des LCH als Themenreihe weiterverfolgt wird.

Datum

07.01.2020

Autor
Ruth Fritschi

Publikation
Standpunkte