Die PISA-Studie hat gezeigt, dass weiterhin viele Schülerinnen und Schüler Mühe mit dem Lesen haben. Woran liegt das?
Die aktuelle PISA-Studie 2022 zeigt, dass ein hoher Anteil von 25 Prozent der Jugendlichen in der Schweiz die Mindeststandards im Lesen nicht erreicht. Dieser Wert hat sich seit der ersten PISA-Erhebung 2000 nicht signifikant verändert. Der LCH sieht dies als besorgniserregend an, da Lesekompetenzen zu den grundlegenden Kulturtechniken gehören. Zudem eröffnet sich eine wachsende Kluft zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern. Die Ergebnisse zeigen den engen Zusammenhang zwischen der sozioökonomischen Herkunft und der Chancengerechtigkeit auf. Die Situation erfordert gezielte Massnahmen, um jedes Kind unabhängig von seiner Herkunft fördern zu können, damit faire Chancen auf Bildung für alle Schülerinnen und Schüler gewährleistet sind. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Qualität und dem Engagement der Lehrpersonen zu, da diese entscheidend sind für eine ganzheitliche Förderung der Kinder, die Entfaltung ihrer Potenziale und den Ausgleich von Benachteiligungen.
Künstliche Intelligenz (KI) spielt auch an Schulen eine immer grössere Rolle. Welche Haltung nimmt der LCH dazu ein?
Der LCH erkennt sowohl Chancen als auch Risiken beim Einsatz von KI im Bildungsbereich. KI-Systeme können Lern- und Lehrprozesse bereichern. Gleichzeitig bestehen Herausforderungen wie Intransparenz, Überwachung, Abhängigkeit und die Möglichkeit zur Täuschung. Generative KI könnte die Wertschätzung menschlicher Expertise untergraben. Der LCH fordert eine reflektierte, pädagogisch verantwortungsvolle Integration von KI, um Schülerinnen und Schüler zu einem mündigen Umgang damit zu befähigen. KI soll den Unterricht ergänzen, wobei zwischenmenschliche Interaktion und Kompetenzerwerb im Zentrum bleiben. Die LCH-Arbeitsgruppe «Digitale Transformation in der Schule» hat ein Positionspapier mit konkreten Forderungen ausgearbeitet, das an der LCH Präsidentenkonferenz im April 2024 verabschiedet wurde.
Der LCH hat für den Krisenkompass das neue Dossier «Gewalt gegen Lehrpersonen» erstellt. Welche Tipps finden Lehrerinnen und Lehrer darin?
Die Gesundheit von Lehrpersonen ist ein Kernanliegen des LCH, dazu gehört auch das Thema Gewalt. Die LCH-Studie zeigte erstmals auf, dass zwei von drei Lehrpersonen in den letzten fünf Jahren Gewalt erfahren haben. Gewalt gegen Lehrpersonen ist daher nicht auf Einzelfälle beschränkt. Der LCH hat mit Fachpersonen, Verbänden und Fachstellen ein praxisorientiertes Dossier zu «Gewalt gegen Lehrpersonen» als Teil des Krisenkompass Plus online veröffentlicht. Im Dossier finden Lehrpersonen Unterstützung und Tipps zum Umgang mit Gewalt im Schulalltag. Es enthält Beiträge zu Themen wie Gewaltprävention, Cybermobbing, juristische Aspekte und sexuelle Gewalt sowie Stellungnahmen von Schulsozialarbeit, Schulleitungen und zur Lehrpersonen- und Elternbildung. Lehrpersonen erhalten Informationen zu kantonalen Unterstützungs- und Präventionsangeboten sowie Anlauf- und Beratungsstellen.