Grosser Bedarf an Zivildienstleistenden

Der Bundesrat befürwortet den erweiterten Einsatz von Zivildienstleistenden an Schulen. Am 25. August 2015 besuchte Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann zusammen mit dem Berner Regierungsrat Bernhard Pulver und Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH, die Schule Stapfenacker in Bern und hat mit Betroffenen gesprochen. 

Der Nationalrat hatte am 5. Mai den Änderungen des Zivildienstgesetzes zwar zugestimmt, den Vorschlag des Bundesrates, Zivildienstleistende künftig auch an Schulen einzusetzen, allerdings abgelehnt. Bevor die Diskussion nun auch im Ständerat geführt wird, hat Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann das Gespräch mit Betroffenen geführt, um direkt aus der Praxis zu hören, wie die Erfahrungen mit Zivildienstleistenden sind und wie gross der Bedarf ist. Hierzu besuchte er die Schule Stapfenacker in Bern, die ein integratives Schulmodell führt und über Erfahrungen mit Zivildienstleistenden verfügt. In einer Diskussionsrunde hatten die anwesenden Schulleiter, Lehrpersonen und Zivildienstleistenden Gelegenheit, ihre persönlichen Erfahrungen kundzutun. Darin, dass der Bedarf, Zivildienstleistende an Schulen einzusetzen, gross und die Unterstützung durch Zivildienstleistende sehr willkommen sei, waren sich alle einig.

«Vier Hände bewirken mehr und vier Augen sehen mehr»
Für Catherine Stadelmann, Lehrerin an der Schule Stapfenacker, war die sechsmonatige Unterstützung durch den Zivildienstleistenden Gianluca Triaca in ihrer 1. und 2. Klasse eine grosse Bereicherung: «Die Hilfe durch Gianluca hat viel gebracht. Vier Hände bewirken mehr und vier Augen sehen mehr. Gianluca hat den Schulunterricht und den Schulbetrieb in vielerlei Hinsicht unterstützt. Er half den Kindern beim An- und Abziehen bei der Garderobe, schlichtete Streitereien, hatte eine betreuende Funktion während des Unterrichts, gab unter meiner Anleitung Anweisungen und übernahm die Pausenaufsicht. Durch seine Mitarbeit hatte ich deutlich weniger Konflikte in der Klasse, das Arbeitsklima war angenehmer und die Kinder konnten konzentrierter arbeiten.»

Auch Gianluca Triaca blickt mit vielen positiven Erinnerungen und reicher an Erfahrung auf seinen Zivildienst zurück: «Der Umgang mit den Kindern gefiel mir sehr gut. Ich wurde in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt. Die Arbeit war abwechslungsreich und intensiv.» Diese intensive Betreuung ist es letztlich auch, die Catherine Stadelmann als eminent wichtig empfindet: «Wir brauchen Zivis, die 100 Prozent hier sind und dadurch auch eine emotionale Bindung zu den Kindern aufbauen können.»

Charles Vincent von der Dienststelle Volksschule des Kantons Luzern, sieht den Vorteil von Zivildienstleistenden an Schulen vor allem darin, dass sie über einen längeren Zeitraum am gleichen Ort im Einsatz sein können und zeitlich sehr flexibel sind.

Dort einsetzen, wo der Schuh drückt
Der Bedarf, Zivildienstleistende an Schulen einzustellen, ist gross. Davon ist Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH, überzeugt. Mit den vielen Aufgaben, die Schulen heute zu bewältigen haben, wären Zivildienstleistende eine willkommene Hilfe. «Zivis könnten Betreuungsaufgaben, beispielsweise beim Mittagstisch und bei der Aufgabenhilfe, übernehmen, aber auch im Sportunterricht assistieren und Arbeiten im Hausdienst ausführen. Voraussetzung ist, dass Schulen Zivildienstleistende wollen und für jeden Zivi ein individuelles Pflichtenheft aushandeln.»

Auch Berhard Pulver, Berner Regierungsrat und EDK-Vorstandsmitglied, ist an Schulassistenzen interessiert. Den Gegnern dieses Modells versichert er: «Beim Einsatz von Zivildienstleistenden geht es nicht um den Ersatz von Lehrpersonen. Eine pädagogisch ausgebildete Lehrperson braucht es immer. Der Zivildienstleistende erfüllt eine unterstützende Funktion unter Anleitung. Er hilft bei der Betreuung der Kinder und führt auch Arbeiten im Hausdienst aus.» Weiter sei dieses Modell keine Sparmassnahme, sondern eine Investition in die Qualität der Schule. «Zivildienstleistende sollen nur dort eingesetzt werden, wo auch wirklich der Schuh drückt», betont Bernhard Pulver abschliessend.

Der Ständerat wird sich voraussichtlich am 9. September 2015 mit dem Zivildienst an Schulen auseinandersetzen. Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann wird dann sowohl die vielen positiven Rückmeldungen aus der Praxis als auch den offensichtlichen Bedarf in diese Diskussionen einfliessen lassen.

Text und Foto: Belinda Meier


Weiterlesen

«Nein für Zivildienstleistende an Schulen» (LCH online, 08.05.2015)


Pressestimmen

Cantons et enseignants veulent voir davantage de civilistes dans les écoles (La Liberté, 26.08.2015)

Zivildienst-Einsätze an Schulen (Tagesschau, SRF 1, 25.08.2015)

Datum

25.08.2015