Nein zur USR III!

An der Urne entscheidet das Schweizer Stimmvolk am 12. Februar 2017 über die Unternehmenssteuerreform III, kurz USR III. Die Geschäftsleitung LCH stellt sich klar gegen die Reform und hat sich der von der SP Schweiz lancierten Nein-Kampagne und dem Aufruf zum Schutz des Mittelstandes angeschlossen. 

Mindestens eine Milliarde Franken wurde der Bildung in der Deutschschweiz auf kantonaler Ebene seit 2013 entzogen. Dies hat die Umfrage zu den Abbaumassnahmen, die der LCH 2015 durchgeführt hat, ergeben. Der Abbau betrifft die Anstellungs- und Unterrichtsbedingungen, die Gebühren, die Schulentwicklung und weitere Bereiche. Es wurde auf allen Stufen abgebaut. Im Kanton Aargau beispielsweise ist der Halbklassenunterricht weitgehend abgeschafft worden. Konkret bedeutet dies weniger Bildungszeit für Schülerinnen und Schüler und eine deutlich höhere Belastung für Lehrpersonen. Im Kanton Bern wurde die Erhöhung der Klassengrösse beschlossen. Schülerinnen und Schüler sind dadurch schlechter betreut, Lehrpersonen stehen stärker unter Druck. Auch beim Lohn gibt es keine Tabus mehr: Im Kanton Basel- Landschaft wurde 2016 allen Staatsangestellten der Lohn um 1 Prozent gekürzt. In weiteren Kantonen gibt es seit Jahren Nullrunden. Drastisch sind auch verdeckte Lohnreduktionen, wie die Zwangsferien für die Lehrpersonen an den Luzerner Mittel- und Berufsschulen – von der verlorenen Bildungszeit der Schülerinnen und Schüler ganz zu schweigen. Eine Annahme der USR III würde der Bildung in der Schweiz einen weiteren harten Schlag versetzen.

Keine Steuergeschenke!
Die USR III ist die grösste Steuersenkung für Firmen aller Zeiten in der Schweiz. Bereits heute sind Steuerausfälle von jährlich über 3 Milliarden Franken bekannt. Wie bei der USR II wird auch diese Reform in Wirklichkeit noch viel teurer sein. Dabei war die ursprüngliche Idee dahinter gut: Sonderregeln für Hauptsitze multinationaler Konzerne oder Rohstoffhändler sollten abgeschafft werden, damit in der Schweiz alle Firmen gleich besteuert werden, egal ob Rohstoffhändler oder Schreinerei. Doch das Parlament erfüllte Wirtschaftsverbänden, Steuerberatungsfirmen und Grossunternehmen fast jeden Wunsch. Nun sollen die kantonalen Gewinnsteuern von 20,5 Prozent auf 15,5 Prozent sinken. Hinzu kämen zahlreiche neue Steuerschlupflöcher, die so undurchsichtig sind, wie sie heissen: «Patentbox», «zinsbereinigte Gewinnsteuer», «Step-up» oder «F&E-Abzug». Dank dieser Instrumente würden vor allem Konzerne, die sich teure Steuerberater leisten können, deutlich weniger Steuern zahlen.

Reiche Aktionäre profitieren
Hauptprofiteure der USR III wären die Eigentümer der Firmen, insbesondere Aktionäre grosser Unternehmen. Denn der Grossteil der Gewinne fällt bei Konzernen, Grossbanken und Versicherungen an. Die meisten KMU hingegen zahlen schon heute fast keine Gewinnsteuern, weil sie bescheidene Gewinne machen. Für sie wird die USR III sogar negativ sein: Wenn Kantone und Gemeinden bei der Ausbildung der Arbeitskräfte sparen, weil ihnen die Einnahmen wegbrechen. Oder wenn öffentliche Aufträge wegen der Verknappung der Mittel ausbleiben. Der Grossteil der Steuergeschenke wird ins Ausland fliessen, wo rund 80 Prozent der Aktionäre der grossen Schweizer Firmen wohnen. Viele von ihnen schwimmen schon heute im Geld, wie die Scheiche von Katar, die Grossaktionäre der Credit Suisse sind, oder der Staatsfonds von Singapur, der sich bei der UBS eingekauft hat.

Bildungsqualität und Sicherheit in Gefahr
Die Steuergeschenke bei Annahme der USR III kosten mindestens 550 Franken pro Kopf und Jahr. Uns allen kämen die Steuergeschenke teuer zu stehen, entweder in Form von höheren Steuern oder von schlechteren öffentlichen Leistungen. Dabei folgt bei Bund und Kantonen schon heute ein Abbaupaket auf das andere. Diesmal würde es neben dem Bund vor allem Städte und Gemeinden treffen, denn die Steuerausfälle der Kantone will der Bund ausgleichen. Viele Städte und Gemeinden haben mögliche Konsequenzen schon aufgezeigt: Weniger Polizisten, höhere Parkplatzgebühren, teurere Kinderkrippen. Spitäler müssten sparen, Vereine für die Benutzung von Turnhallen neu oder mehr zahlen. Der Musikunterricht würde teurer, Leistungen für Orchester und Theater gekürzt.

Schädlich für die Volkswirtschaft
SVP-Finanzminister Ueli Maurer behauptet, allgemeine Steuersenkungen seien nötig, damit Firmen nach dem Wegfall von Steuerprivilegien in der Schweiz bleiben. Doch die Schweiz hat auch ohne diese Privilegien sehr tiefe Steuern. Wenn überhaupt, droht Abwanderung nur in einzelnen Kantonen mit vielen privilegierten Firmen und höheren Steuern. Doch die USR III will Steuersenkungen in allen Kantonen nach dem Giesskannenprinzip umsetzen. Dabei ist die Steuerbelastung ohnehin nicht der wichtigste Standortfaktor. Wichtiger sind gemäss Studien gut ausgebildete Fachkräfte, funktionierende Infrastruktur, qualitativ hochstehende Forschungstätigkeit, gut funktionierende Verwaltung und Rechtssicherheit. Hier ist die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz einzigartig und bildet die Grundlage für unseren hohen Wohlstand. Die masslose USR III gefährdet dieses Erfolgsmodell, weil sie nur auf tiefe Steuern setzt.

In die Bildung investieren!
Die Schweiz verfügt über drei Rohstoffe: Wasser, Salz und Bildung. Die Bildung entscheidet über den Wirtschaftserfolg und den Wohlstand des Landes. Die Schweiz steht im weltweiten Wettbewerb. Über den Preis kann sie keine Konkurrenten ausschalten. Sie kann es nur, indem sie innovativer ist als andere und die Menschen besser ausbildet. In unserm Land gibt es viele hochspezialisierte Arbeitsplätze in der Chemie, der Industrie und in den KMU. Sie tragen viel zum wirtschaftlichen Erfolg bei. Aber schon heute gibt es in der Schweiz einen Fachkräftemangel. Wenn Unternehmen sich weiter in der Schweiz ansiedeln sollen, dann müssen sie vor allem eines finden: genügend gut ausgebildete Fachkräfte. Die Schweiz zeichnet sich durch eine ausgezeichnete Volksschule und ein erfolgreiches duales Bildungssystem aus. Zudem haben wir weltweit die grösste Dichte an hervorragenden Hochschulen. Diesen Vorteil zu verspielen, kommt einer mutwilligen Zerstörung der Zukunft der Schweiz gleich! Gerade jetzt müsste noch mehr in die Bildung investiert werden, anstatt sie mit Abbau und Mittelentzug zu zerstören. Schon John F. Kennedy hat es treffend auf den Punkt gebracht: «Es gibt nur eines, das teurer ist als Bildung – keine Bildung!»

Franziska Peterhans, Zentralsekretärin LCH 

Weitere Informationen
http://aufruf-mittelstand.ch

Datum

10.01.2017