«Schule muss Fenster öffnen»

Elternarbeit, schulische Integration, Digitalisierung – dies sind nur drei Themen, die in der Sendung «Focus» auf Radio SRF 3 am 21. August 2017 diskutiert wurden. Zu Gast bei Moderator Dominic Dillier war Beat W. Zemp, Zentralpräsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH. 

Dass die Schule Thema der öffentlichen Diskussion ist, die teils auch sehr emotional geführt wird, ist für Beat W. Zemp, Zentralpräsident des LCH, äusserst positiv. «Wenn nicht über die Schule diskutiert würde, wäre dies das Schlimmste», stellte er in der Sendung «Focus» auf Radio SRF 3 fest. Wie vielfältig die Schulthemen sind, davon erhielten die Zuhörerinnen und Zuhörer in der einstündigen Gesprächssendung einen Eindruck. Eines der ersten Themen war die Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern. «Der grösste Teil der Eltern sind ‹critical friends›. Sie schauen genau hin und sind konstruktiv-kritisch», betonte Zemp. Und ergänzte: «Mir machen die Eltern, die am anderen Aktivitätsende sind, viel mehr Sorgen, nämlich die, die sich überhaupt nicht um ihre Kinder kümmern.» Aus der Schulwirksamkeitsforschung wisse man um den Einfluss der Eltern auf die Schullaufbahn der Kinder. Das Dreiecksverhältnis zwischen Lehrperson, Eltern und Kind sei ebenfalls entscheidend für den Schulerfolg. An vielen Orten sei die Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus inzwischen institutionalisiert, was der Zentralpräsident LCH als gute Entwicklung wertet.


«Eine Frage der Betreuung»
Als weiteres Thema griff Moderator Dillier die integrative Schule auf. Eine Studie zeige, dass die leistungsstarken Schülerinnen und Schüler nicht unter dem integrativen Modell litten, entgegnete Beat W. Zemp auf das weit verbreitete Vorurteil, nur die schwachen Schülerinnen und Schüler hätten davon einen Vorteil. «Ich glaube, es ist eine Frage der Betreuung. Wenn man genug personelle Ressourcen hat, Heilpädagoginnen und -pädagogen, die sich um Kinder mit besonderen Bedürfnissen und die Verhaltensauffälligen kümmern, dann funktioniert es.» Entsprechend sieht er die Grenzen der Idee der Integration dort, wo die Ressourcen fehlen.

Im Bereich der schulischen Digitalisierung zeigte sich im Gespräch, dass das, was als Chance genutzt werden kann, gleichzeitig auch Risiken birgt. So kann der Lehr-Lern-Prozess viel gezielter dokumentiert werden als mit anderen Methoden, aber er hinterlässt Datenspuren, die «in den falschen Händen zur Selektion von Schülerinnen und Schülern führen können», warnte der Interviewte. Auch wies er darauf hin, dass die digitalen Medien das Lernen wohl verändert hätten, das Wissen und vor allem auch dessen Einordnung aber nach wie vor zentral seien. Die Funktion der Volksschule als Klammer der Gesellschaft war ebenso ein Thema wie deren Aufgabe, Freude an Neuem zu wecken und damit Fenster zu öffnen. Als Beispiele nannte Beat W. Zemp das Wecken der Freude an einer neuen Sprache oder an musischen Fächern, deren Verdrängung er keineswegs gutheisst. 

Wie in der Sendung «Focus» üblich erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer auch Persönliches über den Talkgast und hörten Musikwünsche des Interviewten. Welche zwei Lieder das in der Sendung mit dem Zentralpräsidenten LCH waren, sei hier nicht verraten. (dc)

Ganze Sendung hören
«Beat W. Zemp: "Wir dürfen Google nicht die Bildung überlassen"» (Radio SRF 3, Focus, 21.08.2017)

Datum

22.08.2017