Schwarze Wolke am Bildungshimmel

Nicht die Heterogenität, nicht die Digitalisierung, auch nicht der Lehrplan 21 ist gegenwärtig die grösste Herausforderung für die Bildung in der Schweiz, sondern die Finanzknappheit. Dies zeigte ein Podiumsgespräch an der Pädagogischen Hochschule Zürich, an dem auch LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp teilnahm.

Sie habe einen grossartigen Job, sagt Silvia Steiner, seit dem vergangenen Frühjahr Bildungsdirektorin des Kantons Zürich. Aber die gegenwärtige Finanzknappheit sei «eine schwarze Wolke an meinem Himmel». Im September hat die Kantonsregierung eine «Leistungsüberprüfung» für die Jahre ab 2017 angekündigt. Sparziel: Fast 700 Millionen Franken jährlich. Die Bildung muss voraussichtlich mit etwa 50 Millionen Franken «bluten», obwohl in den nächsten Jahren die Schülerzahlen in der Region Zürich erheblich steigen, neue Schulhäuser und zusätzliches Personal nötig sind.

Die schwarze Wolke der knappen Finanzen hing über der gesamten Podiumsdisskussion am Hochschultag der Pädagogischen Hochschule Zürich vom 5. November. Neben Silvia Steiner nahmen daran LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp und Walter Bircher, Rektor der PHZH, teil.

Auch für Beat W. Zemp sind die Finanzen die grösste Sorge. Das Sparen – sprich: der Abbau – im Bildungswesen habe eine neue Dimension erreicht. Ein «Steuerwettbewerb bis zum Gehtnichtmehr» unter den Kantonen sei schuld an dieser prekären Lage. Es sei heute ein «Verteilkampf unter den Sparten des Service public» im Gange. Besonders stossend findet er die zunehmende Erhebung von Gebühren auf Stufe Sek II: «Wir nähern uns dem amerikanischen System der Student Loans, wo die jungen Leute die Schule mit hunderttausend Dollar Schulden verlassen.» Er hoffe, so Zemp, dass der Abbau nicht zu einer Radikalisierung in der Lehrerschaft führe: «Die Gefahr ist da.»

«Mir wäre es lieber, es flösse etwas mehr Geld in die Bildung als in den Strassenbau», bekannte PHZH-Rektor Walter Bircher. Für ihn ist klar: «Wenn mehr Kinder da sind, dann müssen wir sie einschulen und die PH muss die nötigen Lehrpersonen ausbilden.» Bei der heutigen Heterogenität sei es auch nicht mehr möglich, dass eine einzelne Lehrperson selbstständig eine Klasse führt. Gewisse Entlastungsmöglichkeiten sieht er im Einsatz von Assistenzpersonal. Insbesondere bei den jungen Leuten mit Migrationshintergrund gebe es hier Potential. Solches ist auch für Beat W. Zemp denkbar; der LCH werde demnächst seine Haltung zu Schul-Assistenzen in einem Positionspapier darlegen. «Was aber nicht geht», so Zemp, «ist Lehrer-Light-Ausbildung.»

Nicht verzichtbar sei für sie eine «motivierte Lehrerschaft», betonte Bildungsdirektorin Steiner. Diese gelte es «bei der Stange zu halten». Allerdings sei es häufig ein Problem, dass Lehrerinnen und Lehrer allzu grossen Ehrgeiz zeigten: «Sie möchten für ihre Schülerinnen und Schüler nur das allerbeste erreichen – und das ist nicht immer möglich.»

Im Rahmen des Hochschultags wurde die ehemalige Zürcher Stadträtin Monika Weber mit dem Bildungspreis 2015 ausgezeichnet, namentlich wegen ihres Einsatzes für die politische Bildung. Ihr Credo: «Niemand sollte die Schule verlassen ohne eine gewisse Faszination für das System der direkten Demokratie.»

Text und Fotos: Heinz Weber

(Auf dem Foto (v.l.): Moderatorin Wiltrud Weidinger, LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp, Bildungsdirektorin Silvia Steiner, PH-Rektor Walter Bircher)

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Medienmitteilung der Pädagogischen Hochschule Zürich vom 5. November 2015





 

Datum

06.11.2015