KOMMENTAR

Selektion muss chancengerechter werden

Die schulische Selektion ist umstritten. LCH-Präsidentin Dagmar Rösler erklärt, warum der LCH dennoch daran festhält. Für faire Bildung brauche es aber Verbesserungen.

Dagmar Rösler, LCH-Präsidentin. Foto: Gion Pfander

Schulische Selektion soll nicht abgeschafft werden. Mit dieser Forderung geht der LCH mit seinem neuen Positionspapier einen anderen Weg als der Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter (VSLCH), der eine Volksschule ohne Selektion will. Der LCH ergänzt seine Position allerdings mit einer zentralen Forderung: Es braucht Ausgleichsmechanismen, welche die Selektion im Zyklus 2 gerechter und auch etwas unwichtiger machen. Dieser Übertritt soll nämlich keine endgültige Beurteilung aktueller und künftiger schulischen Leistungen sein. 

Es braucht Ausgleichsmechanismen, welche die Selektion im Zyklus 2 gerechter und auch etwas unwichtiger machen.

 

Der Prozess der Selektion ist nicht perfekt. Da haben der LCH und VSLCH durchaus einen gemeinsamen Nenner. Wie er verbessert werden soll, ist im neuen Positionspapier des LCH beschrieben. Im Gegensatz zum VSLCH kommt der LCH aber zum Schluss, dass trotz allem nicht auf den Selektionsprozess verzichtet werden soll. 

Innerhalb des LCH gehen die Meinungen auseinander. Die Mehrheit der Lehrerschaft erachtet Selektionsprozesse aber als notwendig. Denn sie helfen, Schülerinnen und Schüler passenden Bildungsangeboten zuzuweisen, wo sie gezielt gefördert werden können.

Mit dem am 3. Mai von den Präsidenteninnen und Präsidenten der LCH-Mitgliedorganisationen verabschiedeten Positionspapier «Für eine chancengerechte Gestaltung der Selektion» ist eine intensive Phase der Meinungsfindung abgeschlossen.  Involviert waren LCH-Gremien, eine eigens dafür einberufene Arbeitsgruppe und die Mitglieder, die an einer internen Umfrage teilnahmen.  

Der LCH hat sich bewusst für ein basisdemokratisches Vorgehen entschieden.

 

Zum Prozess gehörten zudem zahlreiche Diskussionen und Überarbeitungen der verschiedenen Entwürfe. Der LCH hat sich bewusst für ein basisdemokratisches Vorgehen entschieden. Es war wichtig, die unterschiedlichen Ausgangslagen in den Kantonen und Schulen vor Ort und den verschiedenen Unterrichtsstufen zu berücksichtigen. Wie auch bei einer ähnlichen Umfrage des VSLCH sind – wenig überraschend – beim LCH eine grosse Spannbreite unterschiedlicher Meinungen zu diesem Thema zu Tage gekommen.

Einig ist man sich jedoch darin, dass die soziale und kulturelle Herkunft sowie das Geschlecht die Beurteilung und somit die Einteilung in ein bestimmtes Anforderungsprofil weniger stark als heute beeinflussen sollten. Da ein Entscheid nie perfekt sein kann, braucht es zudem ein Korrektiv für Entscheide, die sich als unpassend erweisen. Darum muss die Durchlässigkeit innerhalb des Zyklus 3 verbessert werden, um langfristig gerechtere Bildungs- und Berufschancen für alle Schülerinnen und Schüler sicherzustellen. Ziel der schulischen Selektion muss eine faire Zuweisung zu passenden Bildungswegen für alle Schülerinnen und Schüler sein.

Der «Standpunkt» ist eine Kolumne der Geschäftsleitungsmitglieder des LCH. Die Aussagen geben die persönliche Meinung der einzelnen Autorinnen und Autoren wieder.

Datum

11.05.2025

Autor
Dagmar Rösler

Publikation
Standpunkte