Ich erinnerte mich an ein faszinierendes Referat von Enja Riegel, das die Schulleiterin und Bestseller-Autorin aus Deutschland vor einigen Jahren an einer Schulsynode in Basel-Stadt hielt. Sie lasse ihre Schülerinnen und Schüler das Klassenzimmer selber putzen, damit sie lernten, Verantwortung zu übernehmen. Das Littering-Problem habe sich dadurch schlagartig erledigt. Dafür erntete sie spontanen Applaus von den 3’000 anwesenden Lehrpersonen. Anders im deutschen Hildesheim, wo die Stadt aus Spargründen 150'000 Euro jährlich einsparte, indem sie das Putzpersonal an Schulen entliess. Die Stadtverwaltung ernete Empörung und Proteste von Schulleitern, Lehrpersonen und Eltern. Schüler seien zum Lernen in der Schule und nicht zum Putzen, hiess es unisono.
Meine Antwort an die Journalistin von «20 Minuten» war daher: Wenn am Ende einer Unterrichtslektion die Wandtafel und am Ende eines Schultags das Zimmer von den Lernenden gewischt werden müsse, sei das als erzieherische Massnahme in Ordnung und im Übrigen auch nichts Neues. Solche «Klassenämtli» gäbe es schon lange. Das professionelle Putzpersonal habe genügend andere Arbeiten zu erledigen, wie die gründliche Reinigung der Toilettenanlage, der Fenster und Treppen und das fachgerechte Reinigen von Bodenbelägen. Die Verhältnisse seien zudem in jedem Schulhaus und auf jeder Stufe wieder anders, weshalb ein generelles Putzverbot oder eine einheitliche Putzvorschrift an allen Schweizer Schulen keinen Sinn mache. Es sei Sache der Schulleitung und der Lehrpersonen, für Sauberkeit in ihrem Schulhaus zu sorgen. Basta!
Es kam wie es kommen musste: Gegen Abend erhielt ich eine Mail mit der Nachricht, die Redaktion hätte entschieden, auf die Story zu verzichten, da das Putzen an Schweizer Schulen offenbar nichts Neues und kein so grosses Problem sei. «Du glückliches Land Helvetia» ist man geneigt zu sagen, wenn wir uns nur mit solchen Problemen herumschlagen müssen!