Warum lernen Kinder in den einen Schulen mehr als in anderen?

Die Qualität des Unterrichts ist abhängig davon, wie Schulen auf aktuelle Herausforderungen reagieren. Wie das am besten gelingt, zeigt eine neue Studie.

Nicht alle Schülerinnen und Schüler profitieren von der gleichen Unterrichtsqualität. Foto: iStock/Drazen Zigic

Unterrichten ist ein anspruchsvoller Job. Lehrpersonen und Schulleitungen sind mit Herausforderungen wie Personalmangel, integrative Beschulung oder zuletzt der Umstellung auf Fernunterricht während der Coronapandemie konfrontiert. Wie diese Probleme angegangen werden, unterscheidet sich jedoch von Schule zu Schule. Dies hat zur Folge, dass die Qualität des Unterrichts und damit der Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler variieren.

Die Bildungsforscherinnen Katharina Maag Merki und Andrea Wullschleger von der Universität Zürich haben in einer Studie untersucht, wie Schulen auf Herausforderungen reagieren, was dabei zentral ist und inwiefern sich das auf die Unterrichtsqualität auswirkt. Denn gute Schulen, so die Annahme, müssten eigentlich auch Erfolg beim Unterrichten haben. Während vier Jahren haben die Autorinnen 59 Primarschulen in der Deutschschweiz untersucht. Über 1600 Lehrpersonen und Schulleitungen sowie über 1600 Schülerinnen und Schüler der 5. Klasse haben sich an der Studie beteiligt. Nun liegen erste Resultate vor.

Schulen sollen Routinen durchbrechen

Ob eine Schule auf die immer grösser werdenden internen und externen Herausforderungen kompetent reagieren und das schulische Angebot entsprechend weiterentwickeln kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Für die sogenannte Schulentwicklungskapazität ist es zentral, dass Schulen regelmässig ihre Routinen überprüfen, um zu erkennen, welche funktionieren und welche nicht. So können sie diese gegebenenfalls anpassen.

Für die Weiterentwicklung einer Schule sind weiter die gute Kooperation zwischen Lehrpersonen und Schulleitung, eine teamorientierte Organisation sowie eine positive Fehlerkultur entscheidend. All diese Punkte ermöglichen es, den Unterricht zu analysieren, Wissen und Ideen untereinander auszutauschen und die Qualität des Unterrichts zu verbessern.

Allerdings sind Lehrpersonen heute mit zahlreichen administrativen Tätigkeiten beschäftigt und haben weniger Zeit, um über die Gestaltung des Unterrichts nachzudenken, stellen Maag Merki und Wullschleger in ihrer Studie fest. Dennoch geben 95 Prozent der befragten Lehrpersonen an, unbedingt wissen zu wollen, was sie im Unterricht noch besser machen können und 52 Prozent geben an, stark in die Weiterentwicklung ihrer Schule involviert zu sein.

Anregen ist besser als sanktionieren

Gemäss der Studie gibt es insbesondere in den Bereichen Kooperation und Fehlerkultur noch viel Potenzial. Gefordert sind dabei in erster Linie die Schulleitungen, aber auch die Lehrpersonen selber sowie die Politik. Letztere muss dafür sorgen, dass sich die Rahmenbedingungen so verbessern, dass Schulen an der Weiterentwicklung ihrer Unterrichtsqualität arbeiten können. Auf Nachfrage von www.LCH.ch regt Maag Merki an, das Thema in Weiterbildungen von Schulleiterinnen und Schulleitern einzubauen.

«Es ist sehr wichtig, dass die Behörden nicht ein Sanktionssystem, sondern ein Fördersystem aufbauen.»

Katharina Maag Merki, Studienautorin

Schulen benötigten zudem Rückmeldungen und Daten, um gezielt an ihren Schwächen arbeiten zu können. «Dabei ist es sehr wichtig, dass die Behörden nicht ein Sanktionssystem, sondern ein Fördersystem aufbauen», betont Maag Merki. Schulen, denen es bislang noch nicht gelungen sei, an der eigenen Qualität zu arbeiten, sollten Unterstützung erhalten.

Erste Kantone, so etwa der St. Gallen, haben bereits reagiert und Interesse an den Resultaten der Studie bekundet. Die Erziehungswissenschaftlerinnen Maag Merki und Wullschleger wollen in einem neuen Projekt nun klären, ob und wie ein Coaching für Lehrpersonen helfen kann, um Routinen besser zu reflektieren und anzupassen, um so den Unterricht weiterzuentwickeln.

Datum

06.09.2022

Autor
Jacqueline Schreier/ca