Vor rund einem Monat erschien in der NZZ ein Artikel mit dem Titel «Von Geld und Geist». Ich habe mich, wie öfters, wenn ich Zeitung lese, husch aufgeregt. Der einzig geistreiche Kommentar in diesem Artikel war der mit dem Hinweis, dass das Problem, also das Bildungswesen an sich, komplex sei. Ja, eben. Dann wäre es doch viel gescheiter, wenn sich manche der schreibenden Zunft zurückhalten würden, bevor sie den Schwarzen Peter, einmal mehr, undifferenziert den Lehrpersonen im Allgemeinen und der Integration im Speziellen in die Schuhe schieben und nur die halbe Wahrheit schreiben.
Die Gretchenfrage der kommenden Jahre sei, so lautete es im Artikel, ob die öffentliche Hand bei der Bildung weniger Geld ausgeben könne, ohne Abstriche bei der Qualität zu machen. Hand aufs Herz: Trauen Sie einem Restaurant, das verkündet, die Qualität des Essens und das Ambiente habe nicht gelitten, obwohl allen Angestellten die Löhne gekürzt und zu jedem Tisch noch vier weitere Stühle dazu gestellt wurden? Bei dem zudem bekannt ist, dass die Küche seit Jahren nicht mehr saniert wurde und nun nicht mehr auf dem Dorfmarkt, sondern im Discounter eingekauft wird? Glauben Sie wirklich, dass die ständige Weiterentwicklung des Lokals unter diesen Umständen gewährleistet ist? Eben! Somit wäre diese Gretchenfrage wohl geklärt.
Aber wie kommt es überhaupt dazu, dass in der Bildung gespart werden soll? Gemäss Artikel liege es daran, dass in den letzten 25 Jahren in der Bildung «geklotzt» wurde und die Leitfrage laute: Wieso steigt die Zahl der Beschäftigten in Erziehung und Unterricht immer weiter, obwohl der demografische Wandel zu tieferen Schülerinnen- und Schülerzahlen geführt habe? Nur schon der Ausdruck «geklotzt» entspricht in diesem Kontext nicht der Realität. Im letzten Vierteljahrhundert jagte eine Reform die andere. Investitionen generieren immer Mehrkosten. Auch Irrwege und Korrekturen müssen bezahlt werden. Da kann von «klotzen» keine Rede sein. Die Klassen wurden etwas kleiner, aber nicht überall. Die Anzahl Kleinstschulen hat in ländlichen Gebieten zugenommen, damit leisten wir uns überproportional viele Beschäftigte. Also haben wir auch ein strukturelles Problem. Nur: Die Gleichen, die nach Einsparungen rufen, würden sich wohl vehement gegen Schulschliessungen wehren.
Beides wurde im Artikel nicht erwähnt. Es ging nur um die Anhebung der Lehrerinnen- und Lehrerlöhne generell. Und diese waren längst fällig. Zumal unsere Löhne noch lange nicht konkurrenzfähig sind. Die Integration sei in die Verantwortung zu nehmen, sie sei der wahre Kostentreiber. Das ist dann wohl zu einfach gedacht. Einführen von Tagesstrukturen, Ausbau bei den Universitäten, systematischer Aufbau von Logopädie und Schulischer Sozialarbeit, die Einführung der Berufs- und Fachmaturität sind nur einige Beispiele, die verantwortlich sind, dass es mehr Beschäftigte trotz sinkender Schülerzahlen braucht, um auf den gesellschaftlichen Wandel adäquat reagieren zu können. Zudem wissen wir alle, dass bei der Integration entweder Gelder umgelagert werden oder wir vieles kostenneutral umzusetzen haben. Davon ist leider im Artikel auch nichts zu lesen.
Im Gegenteil, es ist die Rede von «das teure Bildungssystem stünde wieder zur Disposition». Nein, in meinem Verständnis eines sozialen Staates ist die hohe Qualität des Bildungssystems unantastbar, steht sie nicht zur Disposition. Bildung ist die einzige inländische Ressource, darauf baut der Wohlstand der Schweiz auf. Es ist eine Frage der Priorität und der Wichtigkeit. Unsere Bildung darf nicht unter den Sparhammer kommen – es wurde in den letzten Jahren schon mehr als genug gespart. Wir haben keine Wahl. Wir müssen uns diese Bildung leisten, wenn wir fit für die Zukunft sein sollen.