Schweizer Bildungstag

Wie weiter mit der integrativen Schule?

In Bern fand der achte Schweizer Bildungstag statt. Der von LCH und SER veranstaltete Anlass stand ganz im Zeichen der integrativen Schule und ihren künftigen Herausforderungen.

Dagmar Rösler, Präsidentin LCH und David Rey, Präsident SER, sind zufrieden mit dem Bildungstag 2025. Fotos: Marc Renaud

Es sei ein heisses Eisen, das heute angepackt werde, sagte LCH-Präsidentin Dagmar Rösler bei der Eröffnung des Schweizer Bildungstags am 4. September im Berner Kursaal. Gemeinsam mit dem SER lud der LCH bereits zum achten Mal zur alle zwei Jahre stattfindenden Veranstaltung. Rund 140 Fachpersonen aus Bildung, Politik und Wirtschaft folgten der Einladung. Das Thema des Tages: die integrative Schule. Seit rund 20 Jahren wird das Modell, wonach Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in derselben Klasse unterrichtet werden, in der Schweiz gelebt.

Rösler betonte, dass die Arbeit, die Lehrpersonen heute leisten, den allergrössten Respekt verdiene. Aufgrund der zahlreichen Herausforderungen brauche es nun aber Lösungen, wie die integrative Schule in die Zukunft geführt werde. SER-Präsident David Rey hielt fest, dass es bei der Verbesserung der integrativen Schule nicht um die Verfolgung eines Ideals gehe. «Denn die Schule ist für alle da.»

«Als Verteidiger der integrativen Schule fühlt man sich manchmal allein.»

 

Der Walliser Bildungsdirektor und Präsident der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren Christophe Darbellay zeigte sich erfreut, dass man über dieses heisse Eisen spricht. Denn der Tenor in vielen Schweizer Medien laute, dass sie gescheitert sei. In mehreren Kantonsparlamenten sind Vorstösse hängig oder bereits beschlossen, welche die Einführung von Förderklassen fordern. «Als Verteidiger der integrativen Schule fühlt man sich manchmal allein», sagte Darbellay.

Doch ist er überzeugt, dass die Rückkehr zu getrennten Schulmodellen ein Rückschritt wäre. Als Beispiel berichtete er von seiner Cousine, die mit Down-Syndrom auf die Welt gekommen ist. Sie habe dank der integrativen Schule eine gewisse Autonomie erreichen können, die früher nicht möglich gewesen wäre. Heute arbeite sie in einem Lebensmittelgeschäft in Sion und könne ihr Potenzial ausschöpfen. Komödiant und Arzt Fabian Unteregger, der durch den Anlass geführt hat, war begeistert und sagte, dass er Darbellays Cousine gerne kennenlernen würde.Mit seinen berühmten Imitationen von Karin Keller-Sutter, Christoph Blocher und Donald Trump brachte er Lockerheit und Abwechslung an den Bildungstag.

Die eine, richtige Lösung gibt es nicht

In seinem Inputreferat fragte Politikwissenschaftler Marc Bühlmann provokativ, wer denn nun recht habe: die Gegner oder die Befürworter der integrativen Schule?

Die Wissenschaft könne darauf aber keine Antwort geben, da der Bildungspolitik ein Weltbild zugrunde liege. Wer die SVP wählt, befürworte eher ein separatives System, während Wählerinnen und Wähler der SP zu einem integrativen System tendieren. Ohnehin gebe es nicht die eine, richtige Bildungspolitik. In der Schweiz gebe es anhand der Anzahl Kantone mindestens deren 26. «Die Schweizer Bildungslandschaft ist eine Kakophonie, aber auch eine grosse Chance. Denn der Föderalismus ist ein Labor, das immer wieder neue Lösungen hervorbringt.»

Anschliessend teilten sich die Besucherinnen und Besucher in Kleingruppen auf und nahmen an Referaten teil, die gewisse Aspekte der Inklusion vertieften. Ein Workshop präsentierte etwa das Tessiner Modell, das erst spät selektiert. Ein anderer Workshop behandelte den Themenbereich der Schulhausarchitektur, die sich den Bedürfnissen von Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern anpasst. Anhand eines Beispiels aus Basel wurde etwa gezeigt, wie ein Korridor auch als Rückzugsraum genutzt werden kann.

Datum

08.09.2025

Autor
Alex Rudolf