21.
November 2016 | Basel

Präsidentenkonferenz LCH in Basel

Arbeiten Lehrpersonen Teilzeit, weil sie berufsbedingte Belastungen dazu zwingen? Welche Faktoren wirken sich auf die Gesundheit einer Lehrpersonen aus? Und welche Kosten ergeben sich, wenn Lehrpersonen aufgrund ihrer Arbeit krank werden? An der Präsidentenkonferenz vom 18./19. November 2016 in Basel wurden die Ergebnisse dreier neuen Studien präsentiert. 

Die Notwendigkeit, die Gesundheit der Lehrpersonen systematisch zu erarbeiten und Resultate zu gewinnen, mit denen es langfristig möglich sein wird, die Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer zu stärken, wurde bereits an der Delegiertenversammlung des LCH im Jahr 2014 erkannt. Im Frühjahr 2016 schliesslich lancierte der Dachverband das Projekt «Gesundheit von Lehrpersonen». Ziel dessen ist es, an allen Schulen ein betriebliches Gesundheitsmanagement einzuführen. Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung der Lehrpersonen sollen gestärkt und als Teil der Schulführung institutionalisiert werden. An der Präsidentenkonferenz vom 18. und 19. November 2016 haben sich die Kantonalpräsidentinnen und -präsidenten sowie weitere Mitglieder im Basler Rathaus eingefunden, um sich gemeinsam vertieft mit diesem wichtigen Thema auseinanderzusetzen. 


Teilzeitarbeit als Chance oder Notlösung?
Insgesamt drei neue Gesundheitsstudien hat der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH im Rahmen des Gesundheitsprojekts in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse wurden nun an der zweitägigen Konferenz präsentiert. Martina Brägger vom Unternehmen Landert Brägger Partner präsentierte eine Untersuchung zum Anstellungsgrad der Lehrpersonen. Konkret sollte erörtert werden, inwieweit sich die berufliche Belastung auf die Wahl des Arbeitspen­sums auswirkt. Rund 6600 Lehrerinnen und Lehrer aus acht Kantonalsektionen haben an der Umfrage teilgenommen. Die Ergebnisse der repräsentativen Studie geben zu denken, denn rund ein Fünftel der Lehrerinnen und Lehrer übt ein reduziertes Pensum aus, um gesundheitsschädigenden Belastungen am Arbeitsplatz entgegenzuwirken. «Jede 7. bis 8. Lehrperson hat das Pensum aufgrund von Überlastung reduziert, konnte damit aber keine positive Wirkung erzielen. Die Belastung bleibt vergleichsweise hoch», differenziert Brägger. Diese nicht ganz freiwillig gewählte Teilzeitarbeit habe für Lehrpersonen zum einen Lohneinbussen und später niedrigere Renten zur Folge, zum anderen gehe auf dem Markt wertvolle Arbeitskraft verloren. Dass Teilzeitarbeit nicht grundsätzlich Nachteile mit sich bringt, ist für Martina Brägger klar: «In der Berufszufriedenheitsstudie 2014 erhielt der Aspekt der Arbeitszeitgestaltung hohe Zufriedenheit. Teilzeitarbeit ist aber dann negativ zu betrachten, wenn strukturelle Bedingungen dahinter stehen.»

Hauptsächlich psychosoziale Belastungsfaktoren
Claude Sidler, Leiter Arbeitsmedizin des Instituts für Arbeitsmedizin ifa, betrachtete in seiner Studie die Belastungsfaktoren von Lehrpersonen aus arbeitsmedizinischer und psychologischer Sicht. Konkret haben zwei Arbeitspsychologen und ein Arbeitsmediziner drei Lehrpersonen während eines ganzen Arbeitstages begleitet und die vielen verschiedenen Belastungsbereiche beobachtet und analysiert. «Bei Lehrpersonen sind vor allem psychosoziale Belastungen festzustellen. Es gibt viele Ansprechpartner und fehlende Rückzugsmöglichkeiten. Zudem sind Lehrpersonen fast ständig erreichbar. Sie müssen sich aktiv abgrenzen», resümiert Sidler.

Starke Zunahme der Stellvertretungskosten
Welche Kosten schliesslich entstehen, wenn Lehrpersonen aufgrund berufsbedingter Erkrankungen eingeschränkt sind, präsentierte Kilian Künzi, Bereichsleiter Gesundheit des Büros für Arbeits- und sozialpolitische Studien BASS. Die Untersuchung stützt sich auf Daten der Schweizerischen Gesundheitsbefragung SGB, der Schulpersonalstatistik des BFS, der Lohn- und Absenzenstatistik des BKS und der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung SAKE. Die Resultate zeigen, dass die Stellvertretungskosten auf allen Schulstufen in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen sind. Weiter konnte errechnet werden, dass rund 20 Prozent der Krankheitsabsenzen von Lehrpersonen auf berufsbedingte Gesundheitsprobleme zurückzuführen sind. Nach Einschätzung von Kilian Künzli besteht ein beträchtliches Einsparungspotential.

Positionspapier zur Bildungsfinanzierung verabschiedet
Im zweiten Teil der Präsidienkonferenz wurden verschiedene Geschäfte behandelt. Die Präsidentinnen und Präsidenten nahmen einstimmig das Positionspapier «Private Finanzierung von öffentlichen Bildungskosten» an. Dieses ergänzt den an den Swiss Education Days vorgestellten Leitfaden und die Charta zum selben Thema. Mit dem Positionspapier werden sechs Forderungen an staatliche Stellen gerichtet.

Vielseitiges Schaffen geehrt
Zur Präsidienkonferenz gehört auch das Verabschieden langjähriger Weggefährtinnen und -gefährten, die den LCH verlassen. Das gilt unter anderem für Armin Stutz, den Präsidenten der Stufenkommission Sek I. Der engagierte Sekundarlehrer unterrichtete fast 30 Jahre lang in Küsnacht. Er übte zudem viele weitere  Funktionen aus, so im Vorstand des schweizerischen Sekundarlehrerverbands, als Delegierter des LCH im Vorstand von Jugend + Wirtschaft, in der Begleitgruppe des Lehrplans 21. Er engagierte sich zudem stark an der Nahtstelle zwischen Schule und Berufsbildung. Auch seinen Einsatz zugunsten der Schneesportinitiative «Go Snow», durch die Lehrpersonen vermehrt und einfacher Schulsportlager organisieren können, würdigte Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH. Lobend erwähnt wurde der Einsatz von Lorenzo Conte als Co-Präsident LGL, Werner Brugger als Präsident LAR, Josef Allenbach als Präsident LVO und Elmar Borter als Übergangspräsident nach der Auflösung der OLLO. Sie werden vom Zentralpräsidenten persönlich verabschiedet, da sie in Basel nicht dabei sein konnten.

Veröffentlichung der Studien
Seit Mai 2016 begleitet das Fachmagazin BILDUNG SCHWEIZ mit einer Serie die einzelnen Teilbereiche des Gesundheitsprojektes des LCH und ergänzt diese mit weiteren interessanten Aspekten rund ums Thema Gesundheit. Die Veröffentlichung der Studien erfolgt zeitgleich mit der vertieften Berichterstattung in BILDUNG SCHWEIZ. Die Vorstellung der Teilzeitstudie von Martina Brägger erfolgte in BILDUNG SCHWEIZ 11 | 2016. Die umfangreiche Präsentation der ifa- und BASS-Studie folgten in 12 | 2016 respektive 1 | 2017. Ab dann werden sie auch online verfügbar sein. Die ausführliche Berichterstattung zur Präsidentenkonferenz vom 18./19. November 2016 inklusive Details zu den Studienresultaten können Sie in BILDUNG SCHWEIZ 12 | 2016 nachlesen.

 

Datum

21.11.2016

Ort
Basel

Autor
bm/dc