Standpunkte

Politische Bildung

In meinem «Standpunkt» vom Oktober 2015 (Nach den Wahlen – vor den Wahlen: ein Rück- und Ausblick) bin ich zum Schluss gekommen, dass ich im Jahr 2019 keine Plakate zu den nationalen Wahlen lesen werde. Die Versuchung, die mich anlächelnden Köpfe und die Botschaften wenigstens mit einem kurzen Blick zu würdigen, ist zu gross. Also tue ich es trotzdem. Und lese auch gleich noch auf den Websites der Parteien und in den Sozialen Medien, worauf wir uns in den nächsten vier Jahren freuen können. Vorausgesetzt, man wählt «richtig» (Partei oder Person?). Das wiederum wird mir gar nicht so leichtfallen, denn die Auswahl an Versprechungen ist gross.

Da wird mir beispielsweise die Frage gestellt, ob Linke und Nette daran sind, die Schweiz zu zerstören. Damit ich den Inhalt auch richtig verstehe, ist die Frage noch mit einem von Würmern angefressenen Schweizer Apfel illustriert. Der Anblick lässt mich für kurze Zeit erstarren. Mir wird auch nahegelegt, dass das Klima anstelle der Interessen der Öl-Industrie zu schützen sei und dass ich mich «In die #Klimawahl2019» aufmachen soll. Das leuchtet mir einigermassen ein und ich bin froh um die zusätzliche Unterstützung einer anderen Partei, die findet, es sei Zeit. Zwei ihrer 26 Grundpositionen haben es mir besonders angetan: «Vorreiter beim Klimaschutz» und «Intelligenz statt Beton». Ausserdem hilft mir sicher eine angepriesene liberale Umwelt- und Klimapolitik; dies natürlich nahe bei den Menschen.

Eine andere Partei unterstützt das Anliegen, damit Werte wieder zählen. Besonders toll und lobenswert finde ich das Versprechen, man halte die Schweiz zusammen. Das Rezept dazu: Verbinden von Freiheit und Solidarität, Wohlstand und Gerechtigkeit, Souveränität und Offenheit sowie Menschenwürde und Fortschritt. Da erscheint doch das Engagement für eine lösungsorientierte Sachpolitik schon fast ein bisschen fad. Den Nagel auf den Kopf traf im 2015 eine Partei mit dem Aufdruck auf ihren Plakaten «Vertrau keinem Plakat». Den Nagelorden für 2019 verleihe ich der Aussage «Die göttliche Ordnung braucht mehr Gerechtigkeit».

Der Lehrplan 21 sieht vor, dass wir unsere Schülerinnen und Schüler auch politisch bilden. Zum Glück sind zahlreiche der zu erlernenden Kompetenzen im Lehrplan aufgeführt. Die Versprechungen, Slogans und Programme auf den Websites der Parteien dienen nur bedingt als glaubwürdige und nachhaltig wirksame Grundlagen. Vor den Wahlen ist schon fast wieder nach den Wahlen. Wir werden ja sehen.

Datum

27.08.2019

Autor
Bruno Rupp

Publikation
Standpunkte