Berufswahl-Unterricht: Sprung ins kalte Wasser

Lehrpersonen müssen Jugendliche in der Berufswahl oft ungenügend vorbereitet unterstützen. Dies bemängelt die Fachkommission Berufliche Orientierung LCH. Das Thema müsse in der Aus- und Weiterbildung wichtiger werden.

Jugendliche sind bei der Berufswahl grösstenteils motiviert und engagiert. Aber sie sind auf die Unterstützung von Lehrpersonen angewiesen. Foto: Pixabay/StartupStockPhotos

Die Sekundarstufe I soll Jugendliche auf einen erfolgreichen Übertritt in die Sekundarstufe II vorbereiten. Dazu gehört das Fach Berufliche Orientierung. Es ist im Lehrplan 21 als fächerübergreifendes Thema verankert. Angehende Lehrpersonen werden darauf jedoch zu wenig vorbereitet, schreibt die Fachkommission Berufliche Orientierung LCH in einem Bericht.

Um herauszufinden, wie Schulen mit den Herausforderungen umgehen, führte die Fachkommission Interviews durch. Sie befragten sieben Klassenlehrpersonen, die Sekundarklassen oder Klassen eines Brückenangebots unterrichten.

Mangel an Zeit und fehlende Kenntnisse

Als Hauptproblem nannten sie gemäss Bericht die fehlende Zeit. Erschwerend sind ausserdem Jugendliche mit Antriebsproblemen, Leistungsschwache mit wenig Optionen oder Eltern mit unrealistischen Erwartungen. Hinzu kommt, dass Berufseinsteigende die verschiedenen Bildungswege zu wenig kennen. Entlastend wirkt Teamteaching.

Das Fach Berufliche Orientierung ist in Kantonen sehr unterschiedlich geregelt. Einige Lehrpersonen integrieren es in den Deutschunterricht. Fächerübergreifende Lösungen brauchen zusätzliche Absprachen und sind entsprechend aufwändig. Auch in der Ausbildung bestehen grosse Unterschiede. Manche Lehrerinnen oder Lehrer werden gar nicht eingeführt, andere erhalten Unterstützung durch ein berufsbegleitendes Coaching oder von Lehrpersonen des Jahrgangsteams.

Immerhin ist an den meisten Schulen ein Berufswahlkonzept vorhanden, wie die Fachkommission schreibt. Die befragten Lehrpersonen arbeiten mit diversen Lehrmitteln und Zusatzmaterialien wie Broschüren, Filmen und Websites. Besonders positiv gewertet wird die Zusammenarbeit mit Eltern, Berufs- und Laufbahnberatung sowie mit Gewerbe und Wirtschaft.

Berufswahl früh anpacken

In den Interviews geben nur wenige der Klassenlehrpersonen an, im Studium ausreichend auf das Fach Berufliche Orientierung vorbereitet worden zu sein. Die Fachkommission schliesst daraus, dass es hilfreich wäre, wenn Studierende das Fach in Ausbildungspraktika kennenlernen könnten.

In den Interviews gaben die Lehrpersonen auch Empfehlungen ab. Wer Berufliche Orientierung unterrichtet, soll früh im Zyklus 3 damit beginnen und sich bei Fragen an das Team und weitere unterstützende Personen wenden. Ausserdem würden es die befragten Lehrpersonen begrüssen, wenn das Fach Berufliche Orientierung in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen einen höheren Stellenwert erhielte. Hilfreich seien zudem institutionalisierte Abläufe wie Elternabende und Lernstandabklärungen sowie Einblicke in die Praxis an Berufsmessen oder in Projektwochen. 

Datum

05.10.2022

Autor
pdi