Ist es Ihnen dieses Jahr auch so sehr aufgefallen wie mir? Die schweizerischen National- und Ständeratswahlen stehen dieses Wochenende an und deshalb lächeln uns seit Wochen überall die Kandidatinnen und Kandidaten entgegen und buhlen um Aufmerksamkeit. Social Media, Zeitungen und Plakatwände sind voll mit Wahlwerbung und auch im Briefkasten stauten sich die Wahlzeitungen und Flyer. Alles sehr selbstverständlich und Ausdruck einer lebendigen, freien und offenen Demokratie. Wir Schweizerinnen und Schweizer können uns glücklich schätzen, diese demokratischen Freiheiten, Rechte und Wahlen zu haben und auf so verlässliche, stabile politische Strukturen vertrauen zu dürfen.
Herausforderungen für Schulen werden verzerrt
Mich als Wähler stört es mitunter aber sehr, dass gewisse Kandidierende und Parteien bei ihren Programmen und Wahlversprechen Bildungsfragen weit hintenanstellen oder gar ganz ausklammern. Schliesslich ist eine gute Bildung für alle eine sehr wichtige demokratische Errungenschaft und zugleich Grundlage für die gesellschaftliche und politische Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger. Ähnlich irritierend finde ich es, wenn Parteien oder Kandidierende die Bildungspolitik zwar ansprechen, dabei aber weniger auf Sachthemen und Inhalte setzen, sondern stattdessen versuchen, mit möglichst effekthascherischen Themen auf sich aufmerksam zu machen. Nicht selten werden dafür leider auch die Herausforderungen an der Volksschule immer wieder instrumentalisiert und die Realität in den Klassenzimmern und die echten Schulalltagsprobleme derlei zurechtgebogen, karikiert und umgedeutet, bis sie ins eigene Weltbild passen. Mit meinem Arbeitsalltag als Klassenlehrer hat das dann oft nur noch wenig zu tun.
Bildung ist eine unserer wichtigsten Ressourcen
Spannend und wählbar sind für mich darum Politikerinnen und Politiker, die erstens anerkennen, dass wir angesichts des Fachkräftemangels in den Schulen dringenden Handlungsbedarf haben und die zweitens dabei auf die Lehrerinnen, Lehrer und schulischen Fachkräfte hören. Wir wissen aus eigener Erfahrung und unserem Berufsalltag, wo der Schuh am meisten drückt und welche Lösungen gefragt sind. Und darum ermutige ich alle: Prüfen Sie die Listen sorgfältig, die vor wenigen Wochen mit den Wahlcouverts in die Briefkästen geflattert sind – und wählen Sie jene Kandidierenden, die im Sinne eines starken Bildungsstandortes Schweiz und einer hohen Bildungsqualität politisieren und handeln. Wenn beim Beruf etwa Lehrerin oder Lehrer steht, sind die Chancen besonders gut, dass dem so ist. Streichen kann man von den Listen getrost jene, die am lautesten schreien, am schwarz-weissesten färben und alles besser wissen oder die Bildungsthemen ganz ausklammern. Ich zumindest mache es so und wähle für eine hohe Bildungsqualität in der Schweiz. Denn Bildung ist für unsere Land bekanntlich eine der wichtigsten Ressourcen überhaupt.
Der «Standpunkt» ist eine monatliche Kolumne der Geschäftsleitungsmitglieder des LCH. Die Aussagen geben die persönliche Meinung der einzelnen Autorinnen und Autoren wieder.