STANDPUNKT-KOLUMNE

Die AHV muss wieder Schule machen

Mieten, Krankenkassenprämien, Strom und Lebensmittel: überall steigen die Kosten. Darunter leiden Rentnerinnen und Rentner besonders. Umso wichtiger sei es, im März 2024 Ja zu sagen zur Initiative für eine 13. AHV-Rente, schreibt LCH-Geschäftsführerin Antoinette Killias in ihrer Kolumne.

Antoinette Killias, Geschäftsführerin LCH, befürwortet die Initiative für eine 13. AHV-Rente. Foto: Philipp Baer

Vor kurzem war ich in der Mittagspause in einem Restaurant einer grösseren Warenhauskette essen. Schräg vis à vis sass eine ältere Frau, vielleicht gegen die 75 Jahre alt. Auch sie ass ihren Menüteller und beobachtete mit viel Wohlwollen eine Familie mit zwei kleinen lebhaften Kindern. Fein säuberlich hat die Frau nach etwa der Hälfte des Essens ein Tupperware ausgepackt und den Rest darin verstaut. Mir ist dieses Bild im Kopf geblieben. Es schien, als ob die Frau absichtlich den Luxus des Auswärtsessens verlängern wollte. Denn leider wäre das alles andere als erstaunlich: Rund eine von fünf Frauen im Rentenalter muss gemäss einer Studie von Pro Senectute mit einem Einkommen unter der Armutsgrenze über die Runden kommen. Die Organisation weist darauf hin, dass rund 230 000 Rentnerinnen und Rentner zwar Anspruch hätten auf Ergänzungsleistungen, aber aus Überforderung oder Scham diese nicht beantragen. Frauen scheinen doppelt so häufig zu zögern wie Männer. Weil sie der Gesellschaft nicht zur Last fallen wollen.

Vor vier Jahren hat der LCH entschieden, sich im Initiativkomitee für die Einführung einer 13. AHV-Rente einzusetzen. Wir wussten schon damals, dass eine Stärkung der staatlichen Vorsorge für die meisten Menschen in der Schweiz einen Fortschritt bedeutet. Jetzt kommt die Initiative in die entscheidende Phase: Am 3. März 2024 werden wir über sie abstimmen. Die Initiative fordert eine zusätzliche Auszahlung jener Rente, auf die man in der AHV Anspruch hat. So wie fast alle im Berufsleben einen 13. Monatslohn erhalten. Gemessen an der mittleren AHV-Rente bedeutet das eine Rentenverbesserung von 150 Franken pro Monat. Personen mit tiefen und mittleren Einkommen sowie Familien profitieren am meisten.

Der Zeitpunkt für die Initiative könnte nicht besser sein. Denn Mieten, Krankenkassenprämien, Strom, Lebensmittel: alles wird teurer.

 

Ich bin froh über dieses Engagement des LCH. Der Zeitpunkt für die Initiative könnte nicht besser sein. Denn Mieten, Krankenkassenprämien, Strom, Lebensmittel: alles wird teurer. Bei den Löhnen geht’s zum Glück auch etwas aufwärts. Rentnerinnen und Rentner werden hingegen im Stich gelassen. Ihr Kaufkraftverlust ist gross. Die mittlere AHV-Rente beträgt knapp 1800 Franken pro Monat. Davon kann in der Schweiz niemand leben. Und bei den Pensionskassen gibt es keinen Teuerungsausgleich. In den letzten drei Jahren haben die höheren Lebenshaltungskosten bereits eine gesamte Monatsrente weggefressen.

Die Schweizer Stimmbevölkerung hat die AHV beschlossen, damit alle in der Schweiz nach einem langen Erwerbsleben im Alter anständig leben können. Doch genau dies ist immer weniger der Fall. Ich bin überzeugt, dass dieses Versprechen das so auch in der Verfassung steht, nun endlich wieder Schule machen muss. Mit einer Annahme der Initiative wird spätestens 2026 eine 13. AHV-Rente ausbezahlt. Das wirkt schnell und effizient gegen die zu tiefen Renten und gleicht die höheren Preise aus.

Der «Standpunkt» ist eine monatliche Kolumne der Geschäftsleitungsmitglieder des LCH. Die Aussagen geben die persönliche Meinung der einzelnen Autorinnen und Autoren wieder.

Datum

15.11.2023

Autor
Antoinette Killias

Publikation
Standpunkte