Standpunkte

Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis

Die bildungs- und erziehungswissenschaftliche Forschung läuft auf Hochtouren. Pro Jahr werden weltweit schätzungsweise rund 200'000 Artikel in den Erziehungswissenschaften publiziert. An internationalen Forschungskonferenzen, wie beispielsweise das American Educational Research Association (AERA) Annual Meeting, nehmen über 15'000 Forschende teil. Doch was kommt von dieser Forschung im Klassenzimmer an?

An Forschungskonferenzen sind jedoch meist nur vereinzelt Lehrerinnen und Lehrer zu finden. Studien zeigen, dass nur wenige Lehrpersonen erziehungswissenschaftliche Fachartikel lesen, unter anderem deshalb, weil diese Artikel nicht für sie geschrieben wurden. Diese Artikel wurden von Forschenden für Forschende geschrieben, in einem komplexen Fachjargon. Die einschlägigen Fachzeitschriften sind zudem grösstenteils nur über teure Abonnements zugänglich und daher in den meisten Lehrerzimmern nicht zu finden.  

Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, eine bidirektionale Brücke zwischen Forschung und Praxis zu schlagen. Auf der Forschungsseite muss ein Interesse an praxisrelevanten Forschungsfragen bestehen. Dazu müssen Lehrpersonen von Anfang an als Partner auf Augenhöhe miteinbezogen und nicht nur als Datenquelle gesehen werden. Teil des Forschungsplans müssen Publikationen in zugänglicher Sprache in praxisorientierten Zeitschriften sowie eine Auswertung für die teilnehmenden Lehrpersonen sein. Die Mitarbeit an Studien soll einen nachweislichen Nutzen für die Lehrpersonen und den Unterricht haben. Pädagogische Hochschulen und Universitäten sind angehalten, entsprechende Anreizsysteme zu schaffen, die diese Publikationsarbeit wertschätzen. Ein weiterer Ansatz ist das Projekt «Praxisdozierende» der FHNW, PHZH und PHSG, in dem Lehrpersonen ihr Fachwissen als Dozierende an die PHs sowie theoretisches Wissen zurück in die Schule bringen.  

Um unsere Schulen weiterzuentwickeln, ist eine enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis wünschenswert. Dies benötigt aber auf beiden Seiten entsprechend Zeit, Ressourcen und Motivation. Nur so kann man Brücken bauen.

Datum

30.07.2019

Autor
Beat A. Schwendimann

Publikation
Standpunkte