STANDPUNKT-KOLUMNE

Demokratie will gelernt sein

Politische Bildung sei mehr als der Unterricht klassischer Staatskunde, schreibt Beat Schwendimann, Mitglied der Geschäftsleitung LCH, in seiner Kolumne. Sie müsse auch das kritische Denken fördern.

Beat A. Schwendimann, Leiter Pädagogik LCH. Foto: Philipp Baer

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, auch nicht in der Schweiz. Weltweit nehmen autoritäre Führungen zu, und auch unter Schweizer Jugendlichen gewinnt autoritäres Gedankengut an Zuspruch. Wertschätzung und Wissen um Demokratie und Menschenrechte müssen von jeder Generation erarbeitet, vermittelt und eingefordert werden. Sie hängen von gemeinsamen Grundlagen und Werten ab. Die Schule spielt eine zentrale Rolle bei der Vermittlung von Demokratiekompetenzen.

Politische Bildung soll junge Menschen zu demokratischem Handeln befähigen.

 

Politische Bildung ist mehr als klassische Staatskunde. Politische Bildung soll junge Menschen zu selbstverantwortlichem und demokratischem Handeln in der Gesellschaft befähigen. Als Fundament für eine funktionierende Demokratie vermittelt sie nicht nur Verständnis für politische Prozesse und Strukturen, sondern fördert auch kritisches Denken und aktive Teilhabe. Schülerinnen und Schüler lernen ihre Rechte und Pflichten als Bürgerinnen und Bürger kennen, entwickeln Kompetenzen für fundierte Entscheidungen und Resistenz gegen Desinformation.

Politisch neutral heisst nicht wertneutral

Die Schule ist parteipolitisch und konfessionell neutral, aber nicht wertneutral. Im Gegenteil: In Bildungsgesetzen und Lehrplänen finden sich vielerorts ausdrückliche Bekenntnisse zu humanistischen und demokratischen Wertgrundlagen.

Die Schule vermittelt Toleranz, Gleichberechtigung, Solidarität, Menschenrechte und -würde, Meinungsfreiheit und soziale Gerechtigkeit – Prinzipien des Kerns einer demokratischen Gesellschaft.

Lehrpersonen benötigen Zeit, um Raum für Diskussionen zu schaffen

 

Position des LCH zu Politischer Bildung

Der LCH stellte Politische Bildung am Schweizerischen Bildungstag 2023 prominent ins Zentrum. Anschliessend erarbeitete der Dachverband ein Positionspapier mit der Forderung nach stärkerer Einbindung in allen Zyklen. Lehrpersonen benötigen die Fach- und Methodenkompetenzen sowie Zeit, um Raum für Diskussionen zu schaffen, in denen Schülerinnen und Schüler ihre Meinungen äussern und reflektieren. So lernen sie unterschiedliche Sichtweisen zu verstehen, Informationen kritisch zu bewerten sowie respektvolles Debattieren.

Demokratie muss erlebt und gelebt werden

Um Schülerinnen und Schüler auf ihre Rolle als aktive Bürgerinnen und Bürger vorzubereiten, müssen demokratische Prozesse aktiv erlebt werden können: Von Schülerinnen- und Schülerräten, partizipativen Schulentwicklungsprojekten und politischen Debatten bis zu Besuchen im Parlament und Begegnungen mit Politikerinnen und Politikern.

In seinem Positionspapier appelliert der LCH an alle Beteiligten des Bildungssystems, von Lehrpersonen bis zu politischen Entscheidungsträgerinnnen und -trägern. Gemeinsam sollen sie sicherstellen, dass Politische Bildung ihren angemessenen Platz im Schweizer Bildungssystem einnimmt. Schulen, Lehrpersonen und Gesellschaft müssen sich dieser Aufgabe stellen, um demokratische Grundwerte nachhaltig zu sichern und künftigen Generationen Fähigkeiten für die aktive Mitgestaltung der Schweizer Demokratie zu vermitteln.

Der «Standpunkt» ist eine monatliche Kolumne der Geschäftsleitungsmitglieder des LCH. Die Aussagen geben die persönliche Meinung der einzelnen Autorinnen und Autoren wieder.

Datum

15.05.2024

Autor
Beat A. Schwendimann

Publikation
Standpunkte