Gute Bildung muss weltweit erkämpft werden

Am siebten Weltkongress der Bildungsinternationalen «Education International» (EI) in der kanadischen Hauptstadt Ottawa stellten die über 1600 Delegierten aus Asien, Afrika, Australien, Amerika, Europa und der Karibik die Weichen für die Verbandspolitik und die Hilfsprogramme der EI in den nächsten vier Jahren. 

Die Lehrergewerkschaften fordern Taten statt schöne Worte zu Gunsten einer guten Bildung für alle. Im Zentrum der Diskussionen vom 21. bis 26. Juli 2015 stand dabei das Thema der qualitätsvollen Bildung für alle und der Kampf gegen die Kommerzialisierung und Privatisierung der Bildung und gegen den Rückzug des Staates aus dieser wichtigen öffentlichen Aufgabe. Die Schweiz war vertreten durch Zentralpräsident Beat W. Zemp und Zentralsekretärin Franziska Peterhans sowie eine Delegation des SER.

Den Preis für die Sparmassnahmen sollen nicht die Kinder bezahlen
Wenn Klassen vergrössert werden, wenn Lehrer entlassen werden, wenn Löhne der Lehrpersonen gekürzt werden, dann trifft das die Schule und die Kinder sehr direkt. Diese Massnahmen haben auch Auswirkungen auf die Rekrutierung des Personals. Gute Bildung beginnt immer mit gut ausgebildeten und motivierten Lehrerinnen und Lehrern. In diesem Sinne verabschiedete die Versammlung mehrere Resolutionen gegen Sparmassnahmen in der Bildung, weil sie die Qualität der Bildung beschädigen und damit die Zukunft der Kinder verschlechtern.
Bildung ist eine langfristige Angelegenheit, während die Politik oft kurzfristig handelt. Für Bildung soll nicht einfach Geld ausgegeben werden, es soll vielmehr investiert werden in die Bildung und damit in die Kinder. Speziell wurde auch gegen die krassen Sparmassnahmen in den südlichen Ländern Europas protestiert. Lehrerinnen und Lehrer arbeiten zum Teil in prekären Situationen und Schulen müssen sogar wegen Geldmangels geschlossen werden. Es beginnt sich in Europa ein Nord–Südgraben aufzutun. Dem soll entgegengetreten werden. Eine dringliche Protestnote wurde gegen die drastischen Sparmassnahmen in Griechenland verabschiedet. Die griechischen Kolleginnen und Kollegen erhielten die volle Unterstützung der Bildungsinternationale in ihrem Kampf gegen Sparmassnahmen und die Zerstörung einer qualitätvollen Bildung für eine gute Zukunft der Kinder und Jugendlichen.

Die Schweiz seit Beginn dabei
Die Bildungsinternationale EI wurde 1993 in Stockholm gegründet und hat ihren Sitz in Brüssel. Sie ist die weltweite Dachorganisation von 393 Bildungsgewerkschaften aus 171 Ländern und vertritt die Interessen von mehr als 32 Millionen Menschen, die in der Bildungsbranche arbeiten. Damit ist die Bildungsinternationale der grösste sektorale Gewerkschaftsverbund weltweit. Darauf dürfen wir Lehrpersonen stolz sein, denn LCH und SER gehören zu den Gründerorganisationen. 1995 fand der erste ordentliche Weltkongress der EI in Harare (Zimbabwe) statt, danach weitere vier Weltkongress alle drei Jahre und ab 2007 alle vier Jahre in einem regionalen Turnus. Der nächste Kongress wird daher im Juli 2019 im asiatisch-pazifischen Raum stattfinden.

Neue Mitglieder gewinnen
In Workshops wurden verschiedene Themen vertieft diskutiert. Die Gewinnung von jungen Mitgliedern scheint weltweit eine Schwierigkeit zu sein, für die innovative Lösungen gesucht werden müssen. Viele Länder reagieren, indem sie innerhalb der Gewerkschaft spezielle "Jugendorganisationen" führen. Der LCH wird sich am 23. Januar 2016 in einer Weiterbildungsveranstaltung dem Thema Mitgliederwerbung widmen. In einem Workshop wird dabei das Rekrutieren junger Mitglieder ein spezielles und wichtiges Thema sein.

Nachhaltige Gesellschaften aufbauen
Im September 2015 werden die UNO-Mitgliedsstaaten eine neue „post-2015“-Agenda für nachhaltige Entwicklung verabschieden. Dank dem Einsatz der Bildungsinternationalen und ihrer Mitgliedsorganisationen wird eines der 17 globalen Ziele für die nächsten 15 Jahre auch die Bildung umfassen. Angestrebt werden nationale Bildungssysteme, die einen chancengerechten Zugang für alle und lebenslanges Lernen ermöglichen, auch für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Lernbedürfnissen. Der diesjährige Weltlehrertag vom 5. Oktober steht daher unter dem globalen Motto „Empowering teachers, building sustainable societies“. LCH und SER bereiten eine gemeinsame Erklärung vor, worin der Beitrag der Lehrpersonen und des Bildungswesens beim Aufbau von nachhaltigen Gesellschaften besonders hervorgehoben wird.

Millenniumsziel noch nicht erreicht
Dass jedes Kind Zugang zu Schulbildung hat, ist leider noch immer nicht erreicht: 800 Millionen Kinder auf dieser Welt gehen nicht zur Schule, weitere 200 Millionen in so schlechten Verhältnissen, dass sie fast nichts lernen können. Besonders betroffen sind Kinder aus Kriegsgebieten. 60% der Kinder, die nicht zur Schule gehen, leben in Ländern mit bewaffneten Konflikten und Krieg. Gerade darum ist es auch in unserem Land von Bedeutung, auf die Schulbildung von Flüchtlingskindern besondere Aufmerksamkeit zu verwenden.

Ottawa - Fluss an der Sprachgrenze von Canada
Wie die Schweiz kennt auch Kanada die Mehrsprachigkeit im Land. Der Fluss Ottawa, der durch die gleichnamige Stadt fliesst, trennt die englischsprachige Provinz Ontario von der französischsprachigen Provinz Québec. Ottawa und seine Nachbarstadt Gatineau in Québec bilden zusammen die nationale Hauptstadtregion von Kanada. 35 Millionen Einwohner vertei-len sich auf das zweitgrösste Land der Erde, das mit einer Fläche von fast 10 Millionen km² 242-mal grösser als die Schweiz ist und an drei Meere grenzt. «From sea to sea» ist daher der Slogan, mit dem Kanada sich zu Recht schmückt.

Franziska Peterhans, ZS LCH und Beat W. Zemp, ZP LCH


Link
http://www.ei-ie.org/congress7/en/

Bild: Delegation LCH, vertreten durch Beat W. Zemp, Zentralpräsident LCH und Franziska Peterhans, Zentralsekretärin LCH

 

Datum

04.08.2015