Integratives Schulmodell: Bündner Lehrpersonen fordern Anpassungen

Eine Umfrage des Verbands Lehrpersonen Graubünden LEGR zeigt: Die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer beurteilt das integrative Schulmodell positiv. Trotzdem fordern sie Verbesserungen. Die integrative Förderung sei besonders für die Oberstufe schwierig.

Knapp 80 Prozent der befragten Lehrpersonen gaben an, dass sich die Kinder mit dem integrativen Schulmodell wohlfühlen. (Bild: iStock/skynesher)

Kinder mit Beeinträchtigungen in die Regelschule integrieren – so lautet das Ziel des integrativen Schulmodells, das vor zehn Jahren schweizweit eingeführt wurde. Schulen und Verbände führen seitdem regelmässig Umfragen unter Lehrpersonen durch und befragen sie nach ihren Erfahrungen. Die neueste Befragung stammt aus dem Kanton Graubünden. Sie wurde vom Verband Lehrpersonen Graubünden (LEGR) organisiert, dem 85 Prozent aller Bündner Lehrpersonen angehören. 56 Prozent nahmen an der Umfrage teil. Fazit des LEGR: Das integrative Schulmodell findet bei den Befragten Anklang. Lehrpersonen der Unterstufe beurteilen das Konzept durchschnittlich positiver als ihre Kolleginnen und Kollegen der Oberstufe. Alle Lehrpersonen fordern vom Kanton jedoch verbesserte Rahmenbedingungen und stärkere Unterstützung.

Förderkinder profitieren

83 Prozent der Lehrpersonen gaben in der Umfrage an, dass Modell habe sich etabliert. 79 Prozent sind der Meinung, dass sich die Kinder im integrativen Setting wohlfühlen. Uneinigkeit herrscht beim Lernerfolg: Ein Teil der Lehrpersonen glaubt, dass ihre Klassen weniger Lernfortschritte machen, wenn auch Förderkinder betreut werden müssen – dies sei vor allem in der Oberstufe der Fall. Ein anderer Teil glaubt wiederum, der Lernerfolg der Klasse werde dadurch gesteigert. Ein dritter Teil – die Mehrheit der Befragten – glaubt, das integrative Schulmodell habe überhaupt keinen Einfluss auf den Lernfortschritt der Klasse. Positiv bewerten dagegen viele Lehrpersonen den Lerneffekt, den das Schulmodell für die integrierten Kinder selbst hat: 79 Prozent sind der Meinung, dass sich die Regelschule positiv auf den Lernerfolg der Förderkinder auswirkt.

Oberstufe steht vor Herausforderungen

Kritische Stimmen stammen vor allem von Lehrpersonen der Oberstufe. Eine Herausforderung des integrativen Schulmodells sei, dass es nicht mit dem Selektionsverfahren vereinbar sei. Die Befragten meinen zudem, dass das Niveau der Sekundar- und Realschulen durch das Modell gesunken sei. Einige Oberstufenlehrpersonen glauben, Kinder mit besonderen Lernbedürfnissen seien in Sonderschulen besser aufgehoben.

Kanton ist gefordert

Neben einer Einschätzung der Situation wurden in der Umfrage auch mehrere Forderungen laut. Die Lehrpersonen aller Stufen wünschen sich unter anderem mehr Lektionen, an denen Heilpädagoginnen- und -pädagogen teilnehmen. Die für den Unterricht nötige Planung mit den Sonderpädagogen soll in Form von bezahlten Besprechungslektionen stattfinden. Die Befragten fordern ausserdem kleinere Schulklassen und ein verbessertes Raumangebot sowie differenzierte Lehrmittel für die unterschiedlichen Bedürfnisse. Der Kanton soll ausserdem das Frühförderungsangebot ausbauen und Timeoutklassen für verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche schaffen.

Datum

08.06.2022

Autor
pd/ck