Standpunkt-Kolumne

Mehr Fairplay bei der Lehrstellensuche

Eigentlich dürften Lehrstellen frühestens im August des Jahres vor Lehrbeginn ausgeschrieben werden. Doch nicht alle halten sich daran. LCH-Geschäftsleitungsmitglied Daniel Gebauer erklärt, was man dagegen tun kann.

Daniel Gebauer, Mitglied der Geschäftsleitung LCH. Foto: Gion Pfander

Für die meisten Schülerinnen und Schüler des letzten obligatorischen Schuljahrs beginnt nach den Sommerferien eine zukunftsweisende Zeit. Sie müssen sich auf dem Lehrstellenmarkt behaupten und erfolgreich um eine Lehrstelle bewerben. Wer sich aber in den Schulklassen der Sekundarstufe I umhört, wird von Schülerinnen und Schülern nicht selten erfahren, dass sie bereits eine Zusage für eine Lehrstelle in der Tasche haben.

Dies ist erstaunlich, da sich die Kantone, die Organisationen der Arbeitswelt und der Bund 2021 auf ein Committment geeinigt haben. Mit diesem sollte Fairplay bei der Lehrstellensuche gesichert werden. Konkret sollten Lehrstellen frühestens im August des Jahres vor Lehrbeginn zur Bewerbung ausgeschrieben und Lehrverträge frühestens ein Jahr vor Lehrbeginn abgeschlossen werden können. Zudem sollen die kantonalen Berufsbildungsämter die Lehrverträge frühestens im September des Jahres vor Lehrbeginn genehmigen.

Die Vereinbarung sollte verhindern, dass ein Wettlauf um Ausbildungsplätze beziehungsweise Lernende entsteht. Die Jugendlichen – aber auch ihre Eltern – sollten vor verfrühten Entscheidungen geschützt werden, die Eignung und Neigung unzureichend berücksichtigen. Allfälligen Lehrvertragslösungen kann so vorgebeugt werden.

Fairer und zeitlich abgestimmter Prozess

Auch Anbieter von Lehrstellenplattformen und Unternehmen tragen das Committment mit. Die gemeinsamen Grundsätze zu Berufswahl und Rekrutierung sollen einen fairen und zeitlich abgestimmten Prozess im Interesse aller Beteiligten sicherstellen. Die Einhaltung der Grundsätze hat nicht zuletzt regulatorische Effekte und enthält auch eine solidarische Komponente.

In Zeiten des Fachkräftemangels ist es nachvollziehbar, dass sich Betriebe Sorgen bei der Besetzung der Lehrstellen machen.

 

In Zeiten des Fachkräftemangels ist es nachvollziehbar, dass sich Betriebe Sorgen bei der Besetzung der Lehrstellen machen. Sie ziehen die Ausschreibung vor, um eine grössere Chance auf geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu haben. Dieses Abkehren vom Committment legitimiert wiederum andere, es ihnen gleich zu tun.

Auf die Vereinbarung aufmerksam machen

Die Vereinbarung droht, bedeutungslos zu werden. Dem müssen auch wir Lehrpersonen entgegenwirken. Denn es liegt uns am Herzen, dass unsere Schülerinnen und Schüler eine passende Lehrstelle finden. Wir, die für die berufliche Orientierung in unserer Klasse oder gar an unserer Schule zuständig sind, stehen in gutem Kontakt mit den Betrieben und Unternehmen unserer Region. Wir können und sollten diese auf das Committment aufmerksam machen. Besonders gravierende Fällen können aber auch direkt der schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz gemeldet werden.

Der «Standpunkt» ist eine monatliche Kolumne der Geschäftsleitungsmitglieder des LCH. Die Aussagen geben die persönliche Meinung der einzelnen Autorinnen und Autoren wieder.

Datum

20.08.2025

Autor
Daniel Gebauer

Publikation
Standpunkte