Standpunkt-Kolumne

Sind wir bereit für die Schule der Zukunft?

Unsere Welt entwickelt sich rasend schnell. Wie können wir unsere Kinder am besten auf künftige Anforderungen vorbereiten? Dorothee Miyoshi, Mitglied der Geschäftsleitung LCH, schreibt darüber, was es braucht und warum sie zuversichtlich ist.

Dorothee Miyoshi, Geschäftsleitungsmitglied des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. Foto: Gion Pfander

Wie die Zukunft der Welt aussehen könnte, lässt sich seit vergangener Woche an der Weltausstellung in Osaka erkunden. Rund 160 Nationen und Regionen präsentieren ihre Ideen und Konzepte für eine Gesellschaft von morgen. Dies verleitet mich zur Frage: Was und wie sollen unsere jungen Menschen lernen, um fit für die Zukunft zu sein? Auf der Grundlage welcher Wertvorstellungen und pädagogischen Leitideen soll Bildung zukünftig stattfinden? Welche Kompetenzen und Skills werden gebraucht, um auf eine ungewisse Zukunft vorbereitet zu sein? Auf Arbeitsplätze, die es teilweise noch nicht gibt, auf gesellschaftliche Herausforderungen, die noch nicht absehbar sind, auf noch unbekannte Technologien in einer zunehmend vernetzten Welt?

Zum Inhalt, der Schulkindern vermittelt werden sollte, gibt es bereits zahlreiche Bücher und Dokumente wie etwa der Lernkompass 2030 von der OECD oder die Bildungsagenda 2030 der Unesco. Besonders hervorgehoben wird die zentrale Bedeutung von sozialen und emotionalen Kompetenzen neben den traditionellen kognitiven Fähigkeiten. Komplexe Probleme zu lösen und in einer vernetzten Welt verantwortungsbewusst zu handeln sind ebenfalls unverzichtbare Skills. Was mich interessiert, ist die Frage, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit die Inhalte vermittelt werden können. Zwei Aspekte möchte ich dabei hervorheben.

Wohlergehen und Vision

Wie wichtig ein gesundheitsförderndes Umfeld für den schulischen Erfolg ist, habe ich bereits in einer früheren Standpunkt-Kolumne aufgezeigt. Hier gilt es, das Augenmerk nicht nur auf die Schülerinnen und Schüler, sondern auf alle an der Schule tätigen Personen zu richten. Umfassender Lernerfolg wird erst in einem Umfeld möglich, das grundlegende Gesundheitsanforderungen erfüllt – für alle Beteiligten.

Was die Schule darüber hinaus braucht, ist eine Vision. Eine solche hat zwar zahlreiche ortsspezifische Eigenschaften, viele Merkmale sind sich über Kantons- und gar Landesgrenzen hinweg jedoch ähnlich. Neben einer guten Schulführung, die sich an neuen Erkenntnissen orientiert, braucht es auch die nötigen Ressourcen und ein Kollegium, das die Vision mitgestaltet und mitträgt.

Die Lehrperson ist keine Einzelkämpferin mehr, der Austausch im multiprofessionellen Team entlastet und inspiriert.

 

Viele Schulen setzen heute schon vermehrt auf selbstbestimmtes Lernen mit lebensnahen Inhalten und beziehen die Angebote und Umgebung der Gemeinde mit ein. Mancherorts sind Mehrjahrgangsklassen oder Unterrichtsmodelle mit Niveaugruppen entstanden. Zeitliche Strukturen werden flexibler gestaltet. So werden Projekte, Wahlfächer und Unterricht in überfachlichen Kompetenzen und Fächerverbindungen angeboten. Dadurch ist die Lehrperson keine Einzelkämpferin mehr, der Austausch im multiprofessionellen Team entlastet und inspiriert.

Einbezug der Eltern ist wichtig

Wenn möglich sollen in den zur Verfügung stehenden Schulräumen vielfältige Settings und Angebote möglich sein. Das können zum Beispiel Ruhezonen sein, die für alle Personen an der Schule offen sind.

Tagesstrukturangebote sind ebenso fester Bestandteil eines solchen Modells, wie es altersgerechte diverse Bewegungsmöglichkeiten in Innen- und Aussenräumen sind.

Tauchen anspruchsvolle Situationen auf, ist wirkungsvolle Unterstützung – oft niederschwellig vor Ort – bereits vorhanden. Ein guter, transparenter Einbezug der Eltern ist ebenfalls wichtig. Neben Noten und Zeugnissen spielen auch Selbsteinschätzungsbögen und Portfolios eine Rolle bei der Bewertung. Last but noch least, hat die Qualität der Beziehung zwischen allen Interagierenden einen entscheidenden Einfluss.

Die Schule kann sich nicht losgelöst von der Gesellschaft entfalten.

 

Bereits heute setzen viele Schulen auf die erwähnten Mittel. Dies stimmt mich zuversichtlich, dass sich Schulen auf den Weg begeben haben, ihre Schülerinnen und Schüler für die Anforderungen von morgen zu rüsten.

Damit sich die zukunftsgerichtete Leistungs- und Tragfähigkeit unserer Schule weiterhin positiv entwickeln kann, braucht es die Hingabe und die konstruktive Zusammenarbeit aller bildungspolitischen Akteure. Die Schule kann sich nicht losgelöst von der Gesellschaft entfalten. Für Ihr Mitdenken und Ihre Unterstützung zur Weiterentwicklung einer wirkungsvollen, zukunftstauglichen Schule bedanke ich mich bestens.

Der «Standpunkt» ist eine monatliche Kolumne der Geschäftsleitungsmitglieder des LCH. Die Aussagen geben die persönliche Meinung der einzelnen Autorinnen und Autoren wieder.

Datum

16.04.2025

Autor
Dorothee Miyoshi

Publikation
Standpunkte