In den Kantonen Aargau und Bern reichten im vergangenen Jahr die lokalen Lehrerinnen- und Lehrerverbände Volksinitiativen ein, die den Begriff Bildungsqualität in den Kantonsverfassungen verankern wollen. Doch was bedeutet der Begriff eigentlich in Bezug auf die Schule? Es gibt keine allgemeingültige Definition. Je nach Perspektive sind andere Aspekte wichtig. Geht es nun um die Gestaltung der Schulstruktur, die Definition von Bildungsstandards, die Inhalte des Lehrplans oder die Qualifikation von Lehrpersonen? Ist Bildung gut, wenn sie der Persönlichkeitsentwicklung dient oder nur, wenn sie unmittelbar dem Arbeitsmarkt hilft?
Der Wandel des Bildungsbegriffs
Ohne einen kurzen Exkurs zum Bildungsbegriff lässt sich jener der Bildungsqualität nicht fassen. Bildung wird in der Bildungsforschung sowohl für den Vorgang (sich bilden, gebildet werden) wie auch für den Zustand (gebildet sein) verwendet. Lange galt sie als Ergebnis formaler Schulbildung und höhere Bildung war nur für das Bürgertum zugänglich. Im 19. Jahrhundert verstand der Philosoph Wilhelm von Humboldt die Bildung dann als Entwicklungsprozess aller Menschen, unabhängig der Herkunft. Später sah der Bildungsphilosoph John Dewey Bildung als erfahrungsbasierten Prozess und demokratisches Engagement, während der Reformpädagoge Paulo Freire sie als Mittel zur Emanzipation und zur Entwicklung eines kritischen Bewusstseins betrachtete. Heute umfasst Bildung neben Wissen auch Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeit, Kreativität und soziale Fähigkeiten. Sie wird als lebenslanger Prozess verstanden.
Ist Bildungsqualität messbar?
Je nach Perspektive werden die Bildung und ihre Qualität heute unterschiedlich definiert. Individuell stehen dabei Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung im Fokus, während man gesellschaftlich Wert auf Zusammenhalt und Demokratie legt. Ökonomisch wiederum geht es um die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt, im Sinne einer zweckgebundenen Aus- beziehungsweise Berufsbildung. Eng verbunden mit der Bildungsqualität ist auch die Chancengerechtigkeit. Alle Schülerinnen und Schüler sollten unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund Bildungserfolge erzielen können.
Standardisierte Tests wie Pisa oder die Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK) erfassen nicht unbedingt Aspekte wie Kreativität und kritisches Denken.