Weniger Druck im Berufswahlprozess 

In einem Commitment haben sich die Verbundpartner der Berufsbildung darauf geeinigt, Lehrstellen nicht zu früh auszuschreiben und Lehrverträge frühestens ein Jahr vor Lehrbeginn abzuschliessen. Der LCH freut sich über diese Entwicklung in der Berufsbildung, die den Druck auf die Jugendlichen reduziert.

Anfang 2021 entschied die Schweizerische Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK), die offizielle Lehrstellenausschreibung in den März des zweiten Jahres im Zyklus 3 vorzuziehen. Zuvor wurden die Lehrstellen jeweils ab 1. August des letzten Schuljahres im Zyklus 3 ausgeschrieben. In einer Medienmitteilung bemängelten die Lehrpersonendachverbände der Deutsch- und Westschweiz (LCH und SER), der Kaufmännische Verband Schweiz und profunda-suisse diesen Entscheid der SBBK: Der Druck auf die Schülerinnen und Schüler steige, da der gesamte Berufswahlprozess zeitlich unter Druck gerate. Der für die spätere Wahl und ein erfolgreiches Berufsleben enorm wichtige Selbstfindungsprozess werde verkürzt und verfälscht.

Selektionsdruck vermeiden.

Die Verbände stellten Forderungen an die SBBK und die tripartite Berufsbildungskonferenz (TBBK) auf. Unter anderem sollte der Termin für die Ausschreibung der Lehrstellen mit dem Berufswahlfahrplan des Lehrplans 21 übereinstimmen und somit die Ausschreibung der Lehrstellen frühestens ein Jahr vor Lehrbeginn stattfinden. Dadurch hätten die Schnupperlehren, die hauptsächlich im Frühling des zweiten Jahres im Zyklus 3 stattfinden, auch keinen Selektionsdruck.

Am 10. November 2021 haben nun die Verbundpartner der Berufsbildung ein Commitment veröffentlicht. Darin erklären sie, sich für die Einhaltung von drei wichtigen Grundsätzen einzusetzen:

  • Lehrstellen werden frühestens im August des Jahres vor Lehrbeginn ausgeschrieben.
  • Lehrverträge werden frühestens ein Jahr vor Lehrbeginn abgeschlossen.
  • Lehrverträge werden frühestens im September des Jahres vor Lehrbeginn genehmigt.

Zu den Verbundpartnern gehören die SBBK, der Schweizerische Arbeitgeberverband, der Schweizerische Gewerkschaftsbund, Travail.Suisse, der Schweizerische Gewerbeverband und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Sie schreiben im Commitment: «Die solidarische Beachtung des Berufswahlfahrplans ist im Interesse der Jugendlichen, Betriebe und Kantone. Sie wirkt dem Wettlauf um frühe Vertragsabschlüsse und damit der Gefahr von Lehrvertragsabbrüchen aufgrund einer ungeeigneten Auseinandersetzung mit der Berufswahl und einem Leistungsabbau in der Schule entgegen.»

Ein Kompromiss im Sinn des LCH

Der LCH begrüsst dieses Commitment der Verbundpartner. In einer Stellungnahme an die TBBK schreiben Samuel Zingg, Vizepräsident LCH, und Beat A. Schwendimann, Leiter Pädagogische Arbeitsstelle LCH: «Das Commitment schafft Klarheit und ermöglicht den Jugendlichen und ihren Familien, den Lehrpersonen und den Lehrbetrieben die notwendige Zeit für einen sorgfältigen Berufswahlprozess.»

Auf Anfrage von BILDUNG SCHWEIZ teilt Samuel Zingg mit, dass mit der früheren Ausschreibung von Lehrstellen Druck auf ein System ausgeübt werde, das ohnehin schon unter Druck ist. «Wir haben bereits im November 2020 bei der SBBK interveniert, als der Entscheid der früheren Lehrstellenausschreibung bekannt wurde», so Zingg. «Mit dem Commitment haben wir nun einen Kompromiss, der den Berufswahlprozess sichert, wie er im Lehrplan 21 abgebildet ist. Es ist sinnvoll, dass auch die Lehrbetriebe sich an diesen Fahrplan halten.» 

Datum

10.11.2021

Autor
Anna Walser