LCH.ch: Warum nehmen psychosoziale Probleme bei Jugendlichen zu?
FILOMENA SABATELLA: Häufig wird als Grund für die Zunahme Corona verantwortlich gemacht. Man muss jedoch sagen, dass wir in der Schweiz noch nicht so genau wissen, ob es diese Zunahme wirklich gegeben hat, weil wir wenig Daten zur psychischen Gesundheit unserer Jugendlichen haben. Was wir aber wissen, ist, dass es eine Zunahme an Hospitalisierungen in der Psychiatrie gegeben hat. Zudem wissen wir auch, dass die ambulanten Angebote in der ganzen Schweiz stark ausgelastet sind. Der Verdacht ist also nachvollziehbar, dass dies auf eine Zunahme der Erkrankungen hinweist und dass Corona in diesem Zusammenhang eine Triggerfunktion hatte, die Einsamkeit und Ängste verstärkte.
Welche Diagnosen liegen bei den Jugendlichen vor, die unter psychischen Problemen leiden?
Am häufigsten sind affektive Störungen, wie zum Beispiel Depressionen, dann folgen Angststörungen, Zwangsstörungen oder Suchterkrankungen.
«Viele Jugendliche wissen gar nicht genau, was Psychotherapie ist.»
Im Projekt inklusiv plus, das Sie begleitet haben, werden Jugendliche im Berufswahlprozess unterstützt. Wie muss man sich das vorstellen?
Wir haben festgestellt, dass arbeitslose Jugendliche in der Schweiz sehr stark psychisch belastet sind. In den Motivationssemestern, die sie besuchen, geht es aber vor allem darum, dass sie eine Arbeit finden. Eine Gruppentherapie in den Motivationssemestern soll es den Jugendlichen ermöglichen, ihrer psychischen Gesundheit Raum zu geben. Dabei kann Jugendlichen aufgezeigt werden, wo man sich Hilfe holen kann. Viele Jugendliche wissen nämlich gar nicht genau, was Psychotherapie ist.