«Im Bildungsbereich sind parteiübergreifende Allianzen möglich, die sonst unüblich sind»

Sandra Locher Benguerel blickt zurück auf ihr erstes Verbandsjahr als Mitglied der Geschäftsleitung LCH. Sie spricht über die aktuelle Bildungspolitik und den Stellenwert der Bildung in der Schweizer Politik.

Sandra Locher Benguerel ist Mitglied der Geschäftsleitung LCH. Foto: LCH/Philipp Baer

Als Nationalrätin und Mitglied der Kommission Wissenschaft, Bildung und Kultur erleben Sie bildungspolitische Debatten hautnah mit. Welche Themen beschäftigen Sie aktuell?

Wir befassen uns in der Kommission in einem breiten Spektrum mit nationalen Bildungsfragen. Dabei gilt es jeweils zu berücksichtigen, welche Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten auf Bundesebene liegen. Denn gemäss Artikel 61 der Bundesverfassung sorgen Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Bildungsqualität und Durchlässigkeit. In der laufenden Legislatur ist das Hauptgeschäft unserer Kommission die Schaffung eines neuen Bundesgesetzes zur familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung. Dazu haben wir in der Kommission innerhalb der letzten beiden Jahre eine neue Gesetzesgrundlage erarbeitet. Es ist sehr erfreulich, dass der Nationalrat in der Frühlingssession diesem Gesetz deutlich zugestimmt hat. Unsere Kommission hat sich im letzten Jahr auch eingehend mit dem Thema Lehrpersonenmangel beschäftigt und den Bundesrat beauftragt, in einer Studie aufzuzeigen, aus welchen Gründen Lehrpersonen ihren Beruf verlassen oder darin verweilen. Zudem sind die Nichtassoziierung der Schweiz am europäischen Forschungsprogramm Horizon und die weitreichenden negativen Auswirkungen auf den Hochschul- und Forschungsstandort Schweiz ein ständiges Traktandum.

Welchen Stellenwert geniesst die Bildung innerhalb der Schweizer Politik?

Bildung geniesst generell einen sehr hohen Stellenwert. Dabei fällt mir auf, dass im Bildungsbereich parteiübergreifende Allianzen möglich sind, die anderswo unüblich sind. Im Bundeshaus höre ich immer wieder, dass ein qualitativ hochstehendes Bildungsangebot unser wichtigster Rohstoff und ein wichtiger Standortfaktor der Schweiz ist. Besonders stolz ist man in der Politik auf das duale Bildungssystem mit der hohen Durchlässigkeit. Dabei gewinnen in Zeiten des schnellen Wandels von Berufsbildern das lebenslange Lernen und entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten zunehmend an Bedeutung. Aber auch der unabdingbare Beitrag, den unser Bildungssystem zu einer chancengerechteren und demokratischen Gesellschaft leistet, geniesst viel Anerkennung. Die grosse Herausforderung sehe ich in der Bildungsfinanzierung. Denn die Frage, wie viel in unsere Bildung investiert werden soll, stellt den parteiübergreifenden Konsens regelmässig auf die Probe.

 

Weitere Interviews der Geschäftsleitung zum Verbandsjahr und den vollständigen Publikumsbericht finden Sie hier: Jahres-/Publikumsberichte

Datum

07.08.2023

Autor
(ck)