In Bern soll es wieder mehr Förderklassen geben

Der Grosse Rat in Bern will wieder mehr Klassen zur besonderen Förderung respektive «Kleinklassen». Er hat einen entsprechenden Vorstoss überwiesen. 

In Bern sollen zusätzliche Förderklassen die Belastung für Lehrpersonen senken. Das ist nur eine Scheinlösung, sagt der Berufsverband Bildung Bern. Foto: Element5 Digital/Unsplash

Bernische Gemeinden sollen künftig wieder vermehrt Klassen zur besonderen Förderung (KbF) schaffen. Diese «Kleinkassen» umfassen maximal zwölf Kinder. Der Grosse Rat hat am 29. November eine sogenannte Richtlinienmotion überwiesen, wie «Der Bund» berichtet.

Die Eröffnung von KbF ist im Kanton Bern heute bereits möglich. Im Vorstoss schreibt FDP-Politiker Hans-Peter Kohler aber, dass aus ideologischen Gründen oft an der integrativen Schulbildung festgehalten werde. Dabei würden sich Bildungsfachleute, Eltern und Lehrpersonen zunehmend negativ dazu äussern.

Probleme mit Unterrichtsniveau und Belastung

Gemäss «Der Bund» ist Kohler der Meinung, dass die Integration möglichst aller Kinder in Regelklassen oft zu Problemen führt. Stören einzelne Kinder den Unterricht oder benötigen sie viel Aufmerksamkeit, werde das Niveau des Unterrichts nach unten angepasst. Lehrerinnen und Lehrer hätten ausserdem einen höheren administrativen und koordinativen Aufwand, weshalb sie sich kaum mehr auf ihre pädagogischen Kernaufgaben konzentrieren können.

Der Regierungsrat soll deshalb aktiv bei der Schaffung neuer KbF unterstützen und ausserdem den Dialog über die «Grenzen der integrativen Schulbildung» aufnehmen. 

Bessere Rahmenbedingungen und Entlastung für Lehrpersonen gefordert

Weiter sollen die Rahmenbedingungen des Berufs besser und die Lehrpersonen entlastet werden. Der Regierungsrat soll mit den Gemeinden dafür sorgen, dass Lehrpersonen ihre pädagogischen Kernaufgaben wieder vermehrt wahrnehmen können. Auf diese Weise würde der Beruf wieder attraktiver, was dem Lehrpersonenmangel entgegenwirke. 

Vor diesem Hintergrund will der Grosse Rat auch, dass der Beschäftigungsgrad der Lehrerinnen und Lehrer erhöht wird. Dafür soll der Regierungsrat in Zusammenarbeit mit den Gemeinden finanzielle sowie andere Anreizsysteme und Massnahmen schaffen.

Der Berufsverband Bildung Bern bezeichnet den Entscheid als «Scheinlösung». Das Schaffen von KbF könne für Einzelsituationen punktuell sinnvoll sein, doch finde die Massnahme auf dem «Buckel der Schwächsten» statt. Zudem würden den Regelklassen mit der Schaffung von KbF Mittel entzogen. Der Berufsverband plädiert stattdessen für kleinere Klassen. Nur so könnten die Lehrpersonen der Vielfalt der Kinder gerecht werden.

Integration und Förderklassen beschäftigen derzeit stark

In Basel-Stadt sind im Frühling 2022 ebenfalls Forderungen nach Förderklassen lautgeworden. Im Unterschied zum Kanton Bern wurden diese Klassen in Basel-Stadt in der Vergangenheit komplett abgeschafft. Der kantonale Berufsverband für Lehrerinnen und Lehrer, die Freiwillige Schulsynode Basel-Stadt, lancierte sogar eine Volksinitiative, um die Förderklassen zurückzubringen.

Das Thema «Integrativer Unterricht» beschäftigt aktuell auch den Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz: An der Präsidentenkonferenz des Verbands wurde das Thema ebenfalls gründlich diskutiert. Zu reden gab einerseits der Bedarf an zusätzlichen Ressourcen, die diese Unterrichtsform benötigt, sowie der Unterschied zwischen Inklusion und Integration. 

Datum

30.11.2022

Autor
Kevin Fischer