09.
November 2023

LCH und Kantonalverbände gehen in die Offensive

Der LCH und kantonale Berufsverbände sorgen sich um die Bildungsqualität. Eine Ursache ist der Personalmangel. Mit einem Aktionsplan wollen sie Druck auf die Kantone ausüben.

An der Medienkonferenz stellten LCH-Präsidentin Dagmar Rösler (Mitte) und Vertreterinnen und Vertreter der Kantonalverbände den Aktionsplan Bildungsqualität vor. Dabei erläuterten sie auch die Situation in einzelnen Kantonen. Foto: Marion Bernet

«Bildung ist eine Investition in die Zukunft der Schweiz und ihrer Bevölkerung», sagte Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) am 9. November in Bern vor den Medien. Doch die Situation könnte besser sein. Rösler ist besorgt. Es sei höchste Zeit für handfeste Verbesserungen an den Schulen. Zuerst die Corona-Pandemie, dann der Mangel an Lehrpersonen – dies alles belaste die Schulen. Der LCH und mehrere Kantonalsektionen gehen nun in die Offensive. Sie präsentierten an einer Medienkonferenz den Aktionsplan Bildungsqualität.

Rasch wird klar, wer im Fokus dieses Aktionsplans steht: «Die Kantone, die in Sachen Bildung in der Verantwortung stehen, haben zu wenig unternommen», betonte Rösler. Darum setzt der Aktionsplan bei ihnen an. Er soll politisch Druck machen. Aber nicht überall am selben Ort. Denn das Problem ist zwar kantonsübergreifend, doch Bildungspolitik fällt in die Zuständigkeit der Kantone. Darum müssen auch kantonale Lösungen gefunden werden.

Angst um die Bildungsqualität

Dass gehandelt werden muss, untermauern die Berufsverbände mit den Ergebnissen einer repräsentativen Studie, die der LCH in Auftrag gegeben hat. Durchgeführt wurde sie von der Forschungsstelle Sotomo im Juni 2023. Dazu wurden 1338 Personen in der Bevölkerung befragt. 66 Prozent schätzen die Bildungsqualität in ihrem Kanton zwar als hoch ein, viele befürchten jedoch, dass der Personalmangel sich negativ auf die Schulen auswirkt.

Die Wahrnehmung des Problems variiert jedoch je nach politischer Einstellung der befragten Personen. Menschen, die sich der SP oder GLP nahe fühlen, nehmen den Lehrpersonenmangel besonders negativ wahr. Dort schätzen über 80 Prozent die negativen Auswirkungen als eher bis sehr gross ein. Im Gegensatz dazu sehen dies bloss rund 60 Prozent der FDP-nahen Personen so.

Überlastung schadet

Im Zusammenhang mit dem bereits langanhaltenden Lehrpersonenmangel wurden die Teilnehmenden auch nach möglichen Ursachen befragt. Über 70 Prozent erwähnten die Überlastung von Lehrpersonen. Viele verorteten die Probleme auch in den hohen Ansprüchen an die Schule und im sinkenden Image des Lehrberufs.

Die Antworten in der umgekehrten Fragestellung – welche Gründe für den Lehrermangel nicht wichtig sind – fallen weniger eindeutig aus. Eine Mehrheit von 36 Prozent gab dabei an, dass die Teilzeitpensen wohl keinen bedeutenden Einfluss auf das Fehlen der Fachkräfte haben.

In Bern und im Aargau gibts Volksinitiativen

Für die Berufsverbände ist klar, dass es keine Einheitslösung gibt, um in den Kantonen die Bildungsqualität zu sichern. Der nun lancierte Aktionsplan soll darum den kantonalen Berufsverbänden eine Auswahl an Werkzeugen liefern. Diese können je nach Ausgangslage mittels Volksinitiativen oder anderen politischen Aktionen zur Verbesserung der kantonalen Situation lanciert werden.

An der Medienkonferenz sprachen mehrere Vertreterinnen und Vertreter der kantonalen Verbände über ihre nächsten Schritte. Der Geschäftsführer von Bildung Bern, Stefan Wittwer, beklagte, dass der Schulbetrieb zu stark von Laiinnen, Laien und ungenügend qualifizierten Fachpersonen abhänge. Er kündigte eine kantonale Verfassungsinitiative an. Auch im Kanton Aargau ist ein Initiativtext in Vorbereitung. Verbandspräsidentin Kathrin Scholl sieht konkrete Möglichkeiten bei der Unterstützung beim Berufs- und Quereinstieg. Für die Ausbildung brauche es eine Lösung zur Abfederung des Erwerbsausfalls.

Der Verband der Bündner Lehrpersonen sieht zwar momentan keinen Grund, eine Volksinitiative zu starten. Verbesserungen könne man aber aktiv ins Schulgesetz einbringen. Der Verband ist unzufrieden mit der laufenden Teilrevision des kantonalen Schulgesetzes. Geschäftsführer Jöri Schwärzel kritisiert unter anderem, dass die Bündner Regierung künftig unbefristete Lehrbewilligungen für Personen vergeben möchte, denen die notwendigen Abschlüsse fehlen.

Die Bedürfnisse und Voraussetzungen in den Kantonen sind zwar verschieden. Etwas geschehen muss jedoch überall. Denn davon ist LCH-Präsidentin Rösler überzeugt: «Der wirtschaftliche Erfolg der Schweiz und ihre demokratische Stabilität gründen auf guter Bildung für alle.»

Datum

09.11.2023

Autor
Patricia Dickson

Publikation
Aus dem LCH