Standpunkt-Kolumne

Schieflage im Sprachunterricht muss angegangen werden

Nur die Hälfte der Jugendlichen können am Ende der Schulzeit einen französischen Text ausreichend lesen und verstehen. Beat A. Schwendimann, Leiter Pädagogik LCH, fordert eine gemeinsame Lösungssuche zum Fremdsprachenunterricht. Ein Kommentar.

Beat A. Schwendimann, Leiter Pädagogik LCH. Foto: Gion Pfander

Die Zahlen sind ernüchternd. Lediglich 51 Prozent der Jugendlichen erreichen am Ende der obligatorischen Schulzeit im Leseverstehen die geforderten Grundkompetenzen im Französischunterricht. Beim Hörverstehen sind es 58 Prozent. Die Leistungen im Fach Englisch sind mit 75 beziehungsweise 85 Prozent bedeutend besser.

Diese Befunde aus der Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK), die von der eidgenössischen Konferenz der Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) in Auftrag gegeben wurde, nimmt der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) mit Besorgnis zur Kenntnis. Geht es nach der EDK sollten Schulabsolventinnen und -absolventen Französisch und Englisch etwa gleich gut beherrschen. Davon ist man weit entfernt.

Zwei Fremdsprachen im Primarschulunterricht bleiben nur dann gerechtfertigt, wenn die gesetzten Ziele auch erreicht werden können.

 

Nach diesen Ergebnissen drängt sich die Frage auf, wie der Fremdsprachenunterricht in der Volksschule ausgestaltet sein soll. Und: Welche Ziele sind eigentlich erreichbar? Klar ist, die englische Sprache liegt Schülerinnen und Schülern näher als das Französische.

Heisst das nun, dass die Schule dieser Entwicklung nachgeben soll und der 2004 gefundene Kompromiss im Fremdsprachenunterricht gescheitert ist? Politische Vorstösse in verschiedenen Kantonen zielen in diese Richtung.

Der LCH setzt sich für einen koordinierten Prozess ein. Zunächst sollen die Daten der aufwendigen ÜGK-Erhebung unter 18‘500 Schülerinnen und Schülern wie von der EDK vorgeschlagen im Detail analysiert werden. So sollen die Ursachen sichtbar gemacht werden.

Diese Analyse stellt dann die Grundlage für eine ergebnisoffene Suche nach Lösungen dar. Zentral ist, dass EDK und kantonale Behörden den Prozess entschlossen angehen und Fachgremien sowie Personen aus der Schulpraxis einbeziehen. Nur auf diese Weise entstehen ein vollständiges Bild und praxistaugliche Konzepte.

Zwei Fremdsprachen im Primarschulunterricht bleiben nur dann gerechtfertigt, wenn die gesetzten Ziele auch erreicht werden können. Sind die notwendigen Voraussetzungen nicht vorhanden, muss gemeinsam eine Neuausrichtung der Ziele der EDK-Sprachenstrategie diskutiert werden – im Interesse der Schülerinnen und Schüler und der Mehrsprachigkeit der Schweiz.

 

Der «Standpunkt» ist eine Kolumne der Geschäftsleitungsmitglieder des LCH. Die Aussagen geben die persönliche Meinung der einzelnen Autorinnen und Autoren wieder.

Datum

27.05.2025

Autor
Beat A. Schwendimann

Publikation
Standpunkte