Kommentar

Die kantonale Pflästerlipolitik muss aufhören

Laien im Schulzimmer sind für Christian Hugi symptomatisch für den Umgang mit dem Lehrpersonenmangel. Der Vizepräsident LCH fordert, dass die Kantone die Malaise endlich gemeinsam angehen.

Christian Hugi, Vizepräsident LCH. Foto: LCH/Philipp Baer

Die Situation an den Schweizer Volksschulen ist angespannt. Der Mangel an Lehrpersonen spitzt sich weiter zu. Man kann deshalb von Glück reden, dass sich zahlreiche Interessierte finden liessen, die als Laienlehrpersonen in die Bresche gesprungen sind und dass die ohnehin belasteten Schulteams einen beachtlichen Zusatzeffort zu leisten bereit sind. Sie haben die Laien im Schulzimmer wohlwollend aufgenommen und unterstützen diese tatkräftig. Gelöst sind die dem Mangel zugrunde liegenden Probleme damit aber mitnichten.

Es erstaunt vor diesem Hintergrund nicht, dass der Fachkräftemangel in den Schulen politisch und auch medial derzeit stark beschäftigt. Endlich! Als Bildungsnation kann es sich die Schweiz schlicht nicht leisten, einfach wegzuschauen. In der Pflicht sind allen voran die Kantone.
 

«Klassenlehrpersonen müssen gestärkt werden und Lehrpersonen brauchen mehr Zeit zum Unterrichten.»

 

Was dort insbesondere erstaunt, ist der Umstand, dass sich die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) bis jetzt nicht in einer aktiveren Rolle sieht – einmal mehr, muss man leider sagen. Die Ursachen, Fragen und Herausforderungen sind überall in den Schweizer Volksschulen bis hin zu den steigenden Schülerinnen- und Schülerzahlen vergleichbar. Ein gemeinsames oder wenigstens ein koordiniertes Vorgehen wäre deshalb zentral – selbst dann, wenn sich die Situation im Detail von Kanton zu Kanton unterscheidet.

Stattdessen werden zu lange ignorierte Pro­bleme weiterhin mit bildungspolitischen Pflästerchen behandelt. Dabei zeigen Arbeitszeitstudien des LCH seit über 20 Jahren, dass Heterogenität, Individualisierung, Kommunikation mit Eltern, gesellschaftliche Ansprüche etc. und die dadurch verursachte Überzeit den Beruf unattraktiver machen. Das Unterrichten wurde aufwendiger. Viele Lehrpersonen reduzieren aus all diesen Gründen ihre Pensen oder steigen sogar aus. Die Folge: zu wenig Personal und sinkende Qualität.

Klassenlehrpersonen müssen jetzt gestärkt werden. Lehrpersonen brauchen wieder mehr Zeit für das eigentliche Unterrichten. Der LCH benennt im Positionspapier «Zeitgemässe Anstellungsbedingungen für Lehrpersonen an der Volksschule», wie diese Ziele zu erreichen sind: Nötig ist eine Netto-Jahresarbeitszeit, die 1950 Stunden nicht übersteigt. Ein Vollpensum darf höchstens 26 Wochenlektionen umfassen und Zeit für die Funktion als Klassenlehrperson ist im Umfang von mindestens zwei Jahreslektionen abzugelten. Einige Kantone haben zudem auch deutlichen Nachholbedarf bei den Löhnen. Und: Den neu hinzugewonnenen Kolleginnen und Kollegen ohne adäquate pädagogische Ausbildung muss ab dem nächsten Sommer eine vollwertige Teilzeitausbildung ermöglicht werden.

Dieser Kommentar zum Thema Laienlehrpersonen erschien in der Dezember-Ausgabe von BILDUNG SCHWEIZ. Die Aussagen geben die persönliche Meinung von Christian Hugi wieder.

Datum

12.12.2022

Autor
Christian Hugi

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