Echo

In der Rubrik «Echo» publiziert das Redaktionsteam von BILDUNG SCHWEIZ und www.LCH.ch die eingesandten Leserbriefe, Feedbacks und Meinungen von Leserinnen und Lesern zu Themen und ganz spezifischen Artikeln, die in BILDUNG SCHWEIZ oder online erschienen sind. 

BILDUNG SCHWEIZ 5 | 2023: «Nicht an den Lehrpersonen vorbeipolitisieren»

BILDUNG SCHWEIZ 10 | 2022: «Gut für die Bildungsbürokratie, schlecht für die Lehrpersonen»

BILDUNG SCHWEIZ 9 | 2022: «Die Krux mit den Fachbegriffen»

BILDUNG SCHWEIZ 11 | 2021: «Der Fleischpreis zwingt Tausenden von Tieren ein kurzes Leben auf»

BILDUNG SCHWEIZ 10 | 2021: «Das Schwein auf einen Rauchschinken zu reduzieren, ist geschmacklos»

BILDUNG SCHWEIZ 11 | 2020: «Zeit also, unser Verhalten zu hinterfragen»

BILDUNG SCHWEIZ 10 | 2020: «Die Leidtragenden sind die Tiere»

BILDUNG SCHWEIZ 7/8 | 2020: «Der LCH und die Zukunft der öffentlichen Schule»

BILDUNG SCHWEIZ 4 | 2019: «Die Erkundung des Körpers gehört für mich nach Hause»

BILDUNG SCHWEIZ 12 | 2018: «Die Mutterkuhhaltung darf als nachhaltig bezeichnet werden»

BILDUNG SCHWEIZ 10 | 2018: «Das Elend ist gross, das wir den Tieren bereiten»

BILDUNG SCHWEIZ 7/8 | 2018: Bildungsforum

Beiträge 

  • «Fangfragen für Clevere» (Jürg Brühlmann)
  • «Fussball» (Hans Fässler)

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BILDUNG SCHWEIZ 6 | 2017: «Wes Brot ich ess, des Lied ich sing»

BILDUNG SCHWEIZ 5 | 2017: «Schulleitende sollen es richten»

BILDUNG SCHWEIZ 3 | 2017: «Tun die Verbände für die Lehrpersonen an der Front genug?»

BILDUNG SCHWEIZ 12 | 2016: Bildungsforum

Beiträge 

  • «Alle wollen Qualität im Musikunterricht – aber welche Qualität?» (Isabelle Mili)
  • «Verschiedene Ausrichtung» (Eva Davanzo)

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«Standpunkt» vom 5. Oktober 2016: Schule und Religion – Leserbrief

Jürg Brühlmann schreibt von einer Re-Christianisierung der öffentlichen Schulen und begründet dies mit einer Angstreaktion auf einen islamistischen Fundamentalismus, er kritisiert die christlichen Bezüge des Lehrplans 21, obwohl nur zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer sich zu einer der Landeskonfessionen bekennen und mehr als die Hälfte der Schulkinder nicht mehr getauft seien und die christlichen Werte nicht näher definiert sind. So stellt er den Platz des Religionsunterrichts in der Schule mindestens in Frage.

Nach fast vierzig Jahren Unterricht habe ich viele Theologen und Theologinnen in der Schule erlebt und sie fast immer als Bereicherung für Schülerschaft und Lehrerschaft erlebt, obwohl das Unterrichten ihnen nicht immer leicht fiel. Sie haben entscheidend und fachkundig Anteil gehabt am Schulleben, bei religiösen Festen oder Schicksalsschlägen wie dem unerwarteten Tod eines Kollegen im Amt. Kein Schulpsychologe hätte sie ersetzen können, da sie in der Schule und im Kollegium verankert waren. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei speziellen Themen und in Spezialwochen war spürbar. Die Schülerinnen und die Schüler profitierten von ihren fundierten Kenntnissen und Erfahrungen, sie waren stets ein Gewinn für die Schule, ohne dass sie ihre Überzeugung sektiererisch aufgedrängt hätten oder dass irgendjemand diese staatliche Schule als religiös geprägt empfunden hätte.

Das entschwindende Wissen, was die Religion und die Bibel anbelangt, wird zu einem Problem beim Unterrichten, weisen doch viele, alltägliche Texte Bezüge zu ihnen auf und sicherlich nicht nur im Deutsch- und Geschichtsunterricht, die deshalb nicht mehr vollständig verstanden werden. Das Wissen um einen christlichen Umgang miteinander dürfte manchem Kollegium helfen, sich human zu verhalten und besser zusammenzuarbeiten und weniger Frustration und Burnouts zu schaffen. Christliche Werte lassen sich genau definieren, aber das verschwindende oder nicht mehr erlernte Wissen führt auch bei manchen Erwachsenen zu grossen Lücken. Das frühere Selbstverständnis um die Kenntnisse dieser Werte kann heute nicht mehr vorausgesetzt werden, deshalb braucht es auch deren Vermittlung gerade bei den Jugendlichen.

Die zweitausendjährige Geschichte der christlichen Religion enthält zahlreiche Irrungen und gröbste unchristliche Fehler bis in die Gegenwart und begangen auch von den Höchsten ihrer Würdenträger, aber es gibt auch viele bewundernswerte Taten und vorbildhafte Verhaltensweisen, es ist alles eine Sache des Blickwinkels, mit dem wir sie betrachten. Aber es gelingt der Kirche immer wieder sich selbst zu korrigieren, nicht einfach für eine so alte Dame. Die Kirche ist nicht der unverrückbare steinerne Gigant, wie er uns häufig vor Augen geführt wird und viele verzweifeln lässt, sondern sie ist weit vernetzt, voller überraschender Facetten und lernfähig bei genügend Zeit. Die Klöster haben in unserem Land mit Unterrichten begonnen und die Schullandschaft vor 300 Jahren massiv geprägt. Relikte lassen sich nicht nur im Lehrplan 21 und in der Verfassung nachweisen. Einer der christlichen Werte beinhaltet u.a. auch die Integration der muslimischen Gläubigen und ihrer Religion in der Schule, gerade in Zeiten des Fanatismus sind fachlich korrekt vermittelte Kenntnisse sehr wichtig.

Die Menschenrechte sollten die Grundlage unserer Gesellschaft bilden und deren Bedeutung wächst, ob die Wissensvermittlung darum ein Mauerblümchen im Geschichtsunterricht fristet, hängt allein von den Lehrpersonen ab. Glücklicherweise geniessen wir die Freiheit, sie z.B. wie an unserer Schule am Menschenrechtstag in den Mittelpunkt zu stellen mit einem gesamtschulischen Anlass auf sie und die Folgen ihrer Missachtung hinzuweisen. Viel Engagement seitens der Schüler resultierte aus diesem Bemühen. Dabei gehen die Ursprünge der Menschenrechte auf die Kirche zurück, deren Vertreter, Las Casas, mit der Begründung der Gleichheit aller Menschen vor Gott den ersten wichtigsten Artikel für die Eingeborenen Amerikas vor dem Papst und der spanischen Krone einforderte und Recht erhielt. Dazu gehörte auch Religionsfreiheit.

Es geht nicht darum die christlichen Werte allein in der Schule durchzusetzen oder sie manipulativ einzutrichtern, aber in der Diskussion um diese Werte und dem Vorleben dieser Werte, entsteht eine Orientierung, eine Sicherheit, auch etwas Gemeinschaftliches, was aus heutiger Sicht den Werten der Aufklärung nicht einfach entgegengesetzt ist, sondern gleichermassen Emanzipation und Verantwortung vom Menschen für sein Tun verlangt und jeder Schule gut tut. Selbstverständlich müssen auch andere Ideologien und Wertesysteme in der Schule vermittelt werden, damit der Jugendliche sich selbst entscheiden kann, wem sein Glaube gehört. Gerade in Zeiten, in denen die Werte der Aufklärung und die Grundlage jedes auf Freiheit und Selbständigkeit zielenden Unterrichts scheinbar Schiffbruch erleiden, braucht es Gewissheiten und braucht es Überzeugungen. Vielleicht bemängeln Texte von Jugendlichen einmal diese Mischung aus Unverbindlichem, gerade das Fehlen eines kraftvollen Glaubens, auch den Glauben an die emanzipatorische Kraft der Schule, weil eine Generation, und ich zähle mich dazu, in ihrer Arroganz und Bequemlichkeit wesentliche Zusammenhänge aus den Augen verloren hat. Dazu gehören auch Eltern, die ihren Kindern einen (nichtreligiösen oder religiösen) Glauben vorenthalten.

Stephan von Daeniken

BILDUNG SCHWEIZ 9 | 2016: «Be a teacher – be a hero. Zur Misere vieler Schulreformen»

In angelsächsischen Ländern wird zur Rekrutierung von Lehrpersonen nicht selten der Spruch «Be a teacher – be a hero» verwendet. Ich dachte lange Zeit: In der Schweiz muss eine Lehrperson zum Glück nicht zum Heroischen neigen, um ihren Auftrag erfüllen zu können. Es ist mir aber nicht entgangen, dass von der helvetischen Erziehungsfront her immer öfter Hilfeschreie ertönen, etwa im Sinne von: Ist niemand da, der uns vor all diesen Reformen und Umstrukturierungen schützt oder rettet? Ich behaupte, dass es diesen Retter gibt. Es ist Erziehungswissenschaftler John Hattie. In seinem Buch «Lernen sichtbar machen» (Hattie 2013) hat er 50‘000 empirische Studien zusammengefasst, 138 Faktoren herausdestilliert und sie bezüglich der Effektwerte rangiert.

Wenn man die effektivsten Faktoren mit klar überdurchschnittlichen Werten zwischen 0.90 und 0.55 analysiert (vgl. Walcher 2016), fällt Folgendes auf: Erfolgreich sind vor allem direktive Methoden (z.B. Direkte Instruktion 0.59), welche die Lernziele ohne Umwege vermitteln. Auch anspruchsvolle Lernprozesse wie etwa Problemlösungsstrategien werden am besten über strukturierte Lehrpersoneninterventionen angegangen (Metakognitive Strukturen 0.69). Erfolgreich sind aktive, die Lernprozesse selbst steuernde Lehrkräfte. Das ist nicht zu verwechseln mit einem autoritären Führungsstil. Eine gute Lehrer-Schülerbeziehung (0.72) ist wichtig. Die erfolgreiche Lehrperson bemüht sich um jedes Kind und versucht herauszufinden, warum Fehler auftreten, was nicht verstanden wurde und welche weiteren Übungen daher nötig sind (Feedback 0. 73). Ein besonderes Anliegen ist es ihr, die Dinge einfach und verständlich zu erklären (Klarheit 0.75). Mit erfolgreichem Unterrichts wenig zu tun haben dagegen folgende auch in unserem Lande sehr beliebten Methoden:

  • offene Lehr- und Lernformen (0.01)
  • Jahrgangsübergreifende Klassen (0.04)
  • Teamteaching (0.19)
  • Individualisierung (0.23)
  • Inklusion (0.28)
  • Forschendes Lernen (0.31)
  • Kooperative Lernformen (0.41) 

Dass die Implementierung solcher Massnahmen zu einem Qualitätsverlust führt, lassen auch Studien vermuten, welche die Auswirkungen grossangelegter diesbezüglicher Umstellungen untersucht haben. So gingen in Kanada in der Provinz Quebec die Matheleistungen nach einer umfassenden curricularen Umstellung klar zurück (Haeck et al. 2014). Ebenso scheinen die hervorragenden Pisaresultate Finnlands aus dem Jahre 2001 ein Relikt aus einer Ära darzustellen, in der dort ein direktiver Unterricht üblich war. Der markante Leistungsrückgang 2009 und 2012 kann möglicherweise der Abkehr von diesen Methoden angelastet werden. Die schweizerische Bildungslandschaft liesse sich einfacher und effizienter gestalten, würde man sich an evidenzbasiert arbeitenden Wissenschaftlern wie John Hattie orientieren. Und vielleicht müsste man dann nicht in naher Zukunft nach Helden suchen, um unser Schulsystem aufrecht zu erhalten!

lic. phil. René Walcher, Heilpädagoge und Erziehungswissenschaftler

BILDUNG SCHWEIZ 3 | 2016: Bildungsforum

Beiträge 

  • «Modernes Wintermärchen» (Rektor des Gymnasiums Irgendwo)
  • «Chance für die Schulentwicklung» (Thomas Frei)
  • «Nützliche Evaluation statt PISA- und ÜGK-Springteufel» (Wolfgang Beywl)
  • «Den Beruf korrekt benennen» (Renat Köchli-Buri)
  • «Bleibt an der Oberfläche» (Gabi Walter)

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BILDUNG SCHWEIZ 1 | 2016: Bildungsforum

Beiträge 

  • «Was bringt's? Was nützt's?» (Markus Sigrist)
  • «Bildungsausgaben dürfen hinterfragt werden» (Hanspeter Amstutz)
  • «Fuck you, Sis!» (Julia Koch)
  • «Bewusstseinsbildung statt Verbot» (Barbara Dollinger)

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BILDUNG SCHWEIZ 12 | 2015: Bildungsforum

Beiträge 

  • «Qualität des Unterrichts fördert Motivation» (Bettina Imgrund)
  • «Kein neuer Berufsstand» (Patrick Keller und Daniel Walt)
  • «Bedenklich» (Manuela Scherrer)

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BILDUNG SCHWEIZ 11 | 2015: «Hütet euch vor Inkompetenz»

BILDUNG SCHWEIZ 10 | 2015: «Ein Label für Heilpädagogik»

BILDUNG SCHWEIZ 7/8 | 2015: «Das Schulhaus ist fertig, Helene!»

Sehr geehrte Redaktion  

Mit grösstem Vergnügen habe ich die wunderbare Kolumne «Das Schulhaus ist fertig, Helene!» von Ute Ruf gelesen. Ein absolut genialer Wurf – total «rund» und aus einem Guss! Und das Schöne daran ist, dass man sowohl die Lehrer- wie die Architektenseite so gut verstehen kann! Auf diese perfekte Art, gemischt mit Helenes Salat, hat Frau Ruf es geschafft, die Ansprüche jeder Seite ohne Kritik oder «Parteiergreifen» klar herauszuschälen! Der Architekt mit seinen «künstlerischen Ambitionen» wird einem in seiner schulfernen Verzweiflung geradezu sympathisch, und die Lehrerpersonen versteht man ja als ehemalige Lehrerin sowieso nur allzu gut! Es ist einfach köstlich! Schade, dass Ute Ruf keine regelmässigen Kolumnen mehr schreibt!  

Herzliche Grüsse  

Marianne Schauwecker, Zollikon

BILDUNG SCHWEIZ 5 | 2015: «Partielle Sonnenfinsternis vom 20. März 2015: Eingesperrte Kinder und verpasste Chance»

Statt den Naturkundeunterricht mit einem Live-Erlebnis zu krönen, verwehrten zahlreiche Schulleitungen aus Überfürsorglichkeit mit völlig unverständlichen Massnahmen vielen Kindern und Jugendlichen ein einmaliges Himmelsphänomen!

Etwas Besseres als ein astronomisches Himmelsphänomen während der regulären Schulzeit in den Naturkundeunterricht einzubauen, gibt es wohl nicht. In der Tat pilgerten am vergangenen 20. März 2015 zahlreiche Schulklassen in die öffentlichen Sternwarten, wo die grosse partielle Sonnenfinsternis problem- und gefahrlos beobachtet werden konnte. Die Begeisterung war riesig, denn für fast alle war es das erste Mal, dass sie beobachten konnten, wie sich der Neumond zu Dreivierteln vor die Sonne schob, es dabei merklich kühler und auch sichtbar dämmriger wurde. Ein Naturerlebnis sollte in Natur und nicht im Schulzimmer erlebt werden. Aber leider wurde diese einmalige Chance von vielen Lehrpersonen schlicht verpasst oder aus Angst und übertriebener Fürsorglichkeit, es könnte etwas Schlimmes passieren, bewusst ignoriert.

Unverständliche Massnahmen und viele Falschinformationen
Das schöne Wetter am Tag der Sonnenfinsternis veranlasste zahlreiche Schulleitungen in der ganzen Schweiz zu völlig unverständlichen, ja sogar absurden Massnahmen, über die ich als Sternwartenleiter von Bülach nur ungläubig den Kopf schütteln kann. Was man unter einer «besonders kreativen Lösung» verstand, die grosse Pause auf 08:55 Uhr vorzuverschieben, damit die Kinder auch ja nicht auf die Idee kämen, in die Sonne zu blinzeln, bezeichne ich als fragwürdig. Eine Schulleitung, die begründet, das Wohl der Kinder müsse ernst genommen und daher so gehandelt werden, hat sich im Vorfeld nicht mit einem astronomisch versierten Spezialisten in Kontakt gesetzt! So kam es, dass mancherorts die Fenster geschlossen,  die Jalousien hinunter gelassen wurden und die Kinder die grosse Pause drinnen verbringen mussten!

Es ist weder so, dass eine Sonnenfinsternis gefährlich, noch dass die «Bestrahlung» der Sonne eine Bedrohung wäre! Nur; die Informationen hätten richtig interpretiert und von den Schulen entsprechend korrekt und unmissverständlich kommuniziert werden müssen. Das einzig Gefährliche bei der Sonnenbeobachtung ist, wenn man durch ein ungefiltertes Fernglas oder Teleskop direkt in die Sonne geblickt hätte. Das auf einen Brennpunkt gebündelte Sonnenlicht kann das Auge innerhalb von Sekunden für immer schädigen. Aber wer kommt auf die Idee, einfach so in die grelle Sonne zu blicken? Halten wir die Schulkinder beim nächsten sonnigen Wetter auch im Schulzimmer zurück, weil es zu gefährlich wäre, einen Sonnenstrahl abzubekommen? Die Schweizerische Astronomische Gesellschaft SAG und viele öffentliche Sternwarten haben im Vorfeld der partiellen Sonnenfinsternis eingehend über das Ereignis berichtet und die Schulen sogar dazu motiviert, das kosmische Naturschauspiel mit den Kindern zu beobachten. Doch leider – und dieser Trend ist nicht von der Hand zu weisen – driften wir mehr und mehr in amerikanische Verhältnisse ab. Sicherheit ist sicher gut und richtig, doch gesunder Menschenverstand und eine durchdachte Vorbereitung auf ein solches Ereignis wären bedeutend wichtiger. Als ich die vielen Berichte über «eingesperrte Schulklassen» las, fragte ich mich, wo wir leben und in welcher Zeit. Sehr viel weiter als im Mittelalter, als man die «erschröckliche Sonnenfinsternus» fürchtete, sind wir auch im vermeintlich aufgeklärten Jahr 2015 nicht. Da glaubt man, dank der globalen Vernetzung und der vielen Informationen in der «modernen Welt» angekommen zu sein, doch wenn eine Sonnenfinsternis am Himmel zu beobachten ist, brechen Angst und Hysterie aus. Dies wirft wahrlich kein besonders gutes Licht auf die Schweizer Bildungslandschaft.

Es wäre zu wünschen, dass schon bei der nächsten partiellen Sonnenfinsternis am 10. Juni 2021 die Schulen besser informiert wären. Ein Millimeter grosses Löchlein in einen Karton gestochen, hätte gereicht, um ein ca. 1 cm grosses Sonnenbildchen im Abstand von etwa einem Meter Abstand auf einer weissen Projektionsfläche zu sehen. Dabei hätte niemand eine Sonnenfinsternisbrille gebraucht, ganz im Gegenteil. Die Kinder hätten gelernt, wie eine Camera Obscura funktioniert.

Thomas Baer, Leiter der Sternwarte Bülach

BILDUNG SCHWEIZ 5 | 2015: «Was ist ein erfahrener, älterer Arbeiter wert?»

Was ist ein erfahrener, älterer Arbeiter wert? 
Leserbrief zum Thema «Gesundheitsförderung»  Wenn die Wertschätzung, die Achtung, der Respekt, die natürliche Autorität und die Freude am Job einer Schulleitung gegenüber den Mitarbeitern stimmt und zum Ausdruck kommt, wenn vor allem die Schülerinnen und Schüler im Zentrum stehen dürfen, dann kann Schule gut und schön werden. Wenn das alles nicht stimmt, wenn Missgunst, Neid, lächerliche Amtsautorität, Willkür, Respektlosigkeit und Intrigen den Schulalltag bestimmen, wird Schule zur Tortur.

Hier ein Beispiel, wie die Realität ausschauen kann:
Nach 14 spannenden Jahren Oberschule (Sek C) in Niederurnen – von 40 Jahren Schule zusammen – habe ich vor dreieinhalb Jahren in das Werkjahr gewechselt, das ja zum obligatorischen 3. Oberschuljahr wurde. Was ich aber dieses letzte Jahr im GBA (Glarner Brückenangebote) erleben musste, schlägt alles! Ganz kurz: Das System der Schulleiterin hat mich mit einem für mich extrem komplizierten, unerträglichen, ja respektlosen Arbeitszeitmodell zusammen mit vielen Ungereimtheiten in eine Belastungsdepression getrieben.

Die Schulleiterin sagte in einem Gespräch mit meiner Therapeutin in der Klinik für Stressfolgeerkrankung dann fast stolz, dass in ihrer Schule niemand zu 100 Prozent arbeiten würde, da das energiemässig nicht zu machen sei. Man muss sich mal vorstellen, was das heisst! Ich habe mich der Krankheit gestellt und eine erfolgreiche Kur gemacht. Voller Elan und  Freude auf die Arbeit mit diesen originellen, spannenden Schülerinnen und Schülern, habe ich mit meiner Therapeutin den Wiedereinstieg in die Schule geplant. Zwei Tage vor Kurende kam die Schulleiterin in die Klinik. Im Gespräch mit meiner Therapeutin sprach sie von einer 60-Prozent-Anstellung. Am nächsten Tag, ein Tag vor Kurende, drohte sie mir am Telefon mit Kündigung, wenn ich nicht selber kündigen oder in Frühpension gehen würde! Päng! Feigheit am Telefon. Wieder auf Feld 1! Dann kam per Mail eine neue Variante: Ich hätte die Möglichkeit, für das nächste Schuljahr zu 17 Prozent zu arbeiten oder in Frühpension zu gehen. Dann wieder per Mail eine neue Version: Auch nach diesem Schuljahr 2014/2015 würden sie mich nicht mehr als 17% anstellen! Da sie keinen Kündigungsgrund fand, kam sie vermutlich auf die Idee dieser willkürlichen Prozentzahl.

Jeder kann sich ausrechnen, was das existenziell heisst! Und warum? Was habe ich angestellt, was habe ich verbrochen, das so einen groben, brutalen Einschnitt in mein berufliches, existenzielles, gesundheitliches und familiäres Leben rechtfertigt? Nichts! Oder reicht das schon, wenn man Unverständliches kritisch hinterfragt? Dass da ein Lehrer unterrichtet, der offensichtlich Probleme mit der nötigen Distanz zu Knaben hat? Oder dass da jemand über Jahre hinweg ohne personelle Notwendigkeit unterrichten darf, der keinerlei pädagogische, didaktische und psychologische Ausbildung hat? Oder weil ich mich beschwerte, dass mir die Schulleiterin mit den unmöglichsten Vorgaben das Leben in der Schule so schwer als möglich machte? Dabei hatte sie vermutlich nur Angst, weil ich mit Abstand die grösste Erfahrung mit Oberstufenschülern und keinerlei Probleme mit ihnen hatte.

Ich hätte so gern noch ein paar Jahre gearbeitet und unterrichtet, denn das machte ich gern und das kann ich auch. Ohnmacht bleibt zurück, Macht haben andere. Und noch was: Ich bin nur einer von 10 Lehrpersonen, die in den letzten vier Jahren in dieser Kleinstschule gegangen (worden) sind. Wie lange darf das so weitergehen? Wer macht da was dagegen? Es geht schlussendlich auf die Kosten der Schülerinnen und Schüler! Das spielt allemal keine Rolle.

Das absolut blödeste Argument der Schulleiterin übrigens, warum ich nicht mehr in ihre Schule zurückkehren sollte, war: Du bist nun therapiert, wir sind es nicht, wir sind noch die Alten. Man wird also krank gemacht bei der Arbeit, lässt sich therapieren und arbeitet an sich – und dann passt man nicht mehr in die kranke Arbeitswelt? Ist ja ungeheuerlich - oder anders gedacht: Weiss sie, wie recht sie hat? 

Konrad Kals, Heiligkreuz

BILDUNG SCHWEIZ 3 | 2015: «Wir sind mit dem Velo unterwegs»

Bitte mit gesundem Menschenverstand

Danke für die Veloartikel in der letzten Ausgabe von BILDUNG SCHWEIZ. Leider sieht die Realität in einigen Gemeinden in Sachen Velotouren nicht so rosig aus wie beschrieben. In Wetzikon ZH nahm sich die Schulpflege vor drei Jahren einmal dem Thema Velo kurz an. Es herrscht die Meinung «null Risiko». Laut BfU-Richtlinien muss neu pro sieben Kinder eine erwachsene Begleitung mitfahren; dies bedeutet bei 23 Kindern 4 Begleitpersonen.

2012 machte ich das letzte Klassenlager im Kanton Schaffhausen per Velo mit zwei Leitern. Das Lager muss ich dieses Jahr ohne Velos durchführen, da die Leiterentschädigungskosten zu hoch wären. Fraglich ist auch, ob ich überhaupt noch zwei Leiter finden würde – zu kompliziert. Ein 20 km Velotürchen von Wetzikon nach Grüningen liegt auch nicht mehr drin: Leitersuche, Leiterkosten (3 x Fr.130.-) – absurd!

Die Leidtragenden sind die Kinder; ihnen werden Erlebnisse vorenthalten, weil die Durchführung schlicht zu aufwändig und nicht finanzierbar ist. Es wäre schön, wenn der LCH uns motivierte Lehrpersonen in dieser Sache gegenüber den Behörden unterstützen könnte. Gesunder Menschenverstand und nicht absurde Sicherheitstheorien sind gefragt.

Stephan Brändle, Schule Robenhausen, Wetzikon

BILDUNG SCHWEIZ 9 | 2014: «Französisch auf der Primarstufe: Hält der Thurgauer Entscheid?»

Bei der Frühfremdsprachenfrage geht es hauptsächlich um die erkannte Tatsache, dass die Theorie des «je früher, desto besser» nicht hält, was sie verspricht. Es besteht also kaum Anlass zur Sorge um den innerschweizerischen Zusammenhalt und noch weniger ist ein zentralistisches Eingreifen des Bundes in dieser Frage begründet.

Der Thurgauer Kantonsratsbeschluss für den Französischunterricht ab der Oberstufe entspricht der Forderung, nach nur einer Fremdsprache in der Primarschule. Es gibt aber auch in der Ostschweiz viele, die lieber den Englischunterricht wieder auf die Oberstufe verlegen würden. Diese Diskussion wurde im Frühling bereits von den St.Galler Reallehrern angestossen.Warum nicht das Frühfranzösisch ab der 5. Klasse belassen und in Verbindung mit dem Geografieunterricht, den Austausch mit einer Partnerklasse im Welschland aufbauen? Für den Zusammenhalt unseres Landes sind Geschichte und Geografie in der Mittelstufe zentral. Frühenglisch nimmt grundlegenden Fächern wie Mathematik, Deutsch, Werken/Zeichnen und Realien viel zu viel Raum. Seit seiner Einführung erhalten die Unterstufenschüler nur noch eine Lektion Zeichnen und die Drittklässler nur noch 4 Lektionen Mathematik pro Woche. 

Mit dem Frühenglischunterricht hat der Leistungsdruck zugenommen. Nach spätestens zwei Jahren geht die Schere derart auseinander, dass vielerorts Niveaugruppen gebildet werden müssen. Dabei sollten möglichst alle Schulkinder in den ersten vier Schuljahren ohne Druck sichere Grundlagen erwerben können. Nicht nur Heranwachsenden mit Migrationshintergrund fehlt leider oft das sichere Fundament in der deutschen Sprache. Auch für Schweizer Kinder bildet eine gute mündliche und schriftliche Beherrschung der Muttersprache die Basis zum erfolgreichen Fremdsprachenerwerb. 

Wenn der Austausch über die verschiedenen Landesteile gepflegt und die Ideen unter Einbezug aller Beteiligten gründlich gewälzt werden, kann es gut sein, dass man sich darauf einigt, der Vermittlung einer zweiten Landessprache gegenüber dem modischem Frühenglisch den Vorrang zu geben. Dies zeigt das Votum der Kantonalen Lehrerverbände. Mit nur einer Gegenstimme spricht sich die Präsidienkonferenz für einen guten Unterricht in einer Landessprache in der Primarschule aus. Bravo!

Bildung ist unser einziger Rohstoff. Die Volksschule steht im Zusammenhang mit den gemeinschaftlichen Werten unseres Landes. Vielleicht gibt es noch andere Reformen, die wir, wie es zur Zeit mit dem Lehrplan 21 geschieht, in Ruhe überdenken müssten.

Elsbeth Schaffner, Dussnang

BILDUNG SCHWEIZ 9 | 2014: «Asterix auf Französisch macht doppelt so viel Spass»

Fremdsprachenunterricht / Klassenaustausch

Hier Frühfranzösisch, dort Frühenglisch, daneben einige gegenseitige Klassenbesuche über die Sprachgrenze: Der Fremdsprachunterricht in der Volksschule ist ein Dauerbrenner ohne Aussicht auf Einigung. Meine radikale Lösung, die ich nach 40 Jahren Unterricht an der Oberstufe, unter anderem auch als begeisterter Französischlehrer, seit jeher vertreten habe und jetzt mehr denn je vertrete:


1. Alle Kinder lernen zuerst ihre Muttersprache (Hochdeutsch, Französisch, Italienisch, Rätoromanisch). Dies gilt natürlich auch für Kinder mit Migrationshintergrund, welche eine unserer vier Landessprachen lernen müssen.

2. Alle Kinder lernen ab dem 3. Schuljahr Englisch mit einheitlicher Anzahl Lektionen. Weil:

  • Englisch ist viel einfacher als Französisch oder Deutsch.
  • Englisch ist – ob es uns passt oder nicht – überall präsent, immer präsenter.
  • Englisch benachteiligt schwache Schülerinnen und Schüler und solche mit Migrationshintergrund im Erlernen der ersten Fremdsprache viel weniger als etwa die schwierigen Sprachen Französisch oder Deutsch.
  • Italienisch und Rätoromanisch erhalten den gleichen Wert wie Deutsch oder Französisch und werden nicht mehr diskriminiert. In der Diskussion wird darüber nie gesprochen.
  • Kinder büssen, was den Fremdsprachenunterricht betrifft, nie mehr, wenn ihre Eltern innerhalb unseres Land in einen andern Kanton ziehen.

3. Alle Jugendlichen lernen ab dem 7. Schuljahr eine zweite Fremdsprache, welche eine Landessprache sein muss.

4. Alle Jugendlichen kommen im 7., 8. oder 9. Schuljahr in den Genuss eines Klassenaustauschs in eine andere Sprachregion. Sie sprechen miteinander Englisch und merken, wie toll es ist, mit Gleichaltrigen aus einer andern Sprachregion unseres Landes reden, richtig reden zu können. Und nicht nur ein paar Sätzli zusammenzubasteln. Und die jungen Menschen werden deshalb nie das Gefühl bekommen, unser Land verliere wegen diesem Englisch seinen Zusammenhalt. Im Gegenteil.

Hans Abplanalp, Münsingen