Bundesgericht weist Anspruch auf Homeschooling ab

Das Bundesgericht hat die Beschwerde einer Mutter abgewiesen, die ihren Sohn zu Hause unterrichten wollte. In seinem Entscheid hält es fest, dass selbst restriktive kantonale Regelungen zum Homeschooling zulässig sind und kein verfassungsmässiger Anspruch darauf besteht. Der LCH begrüsst dieses wichtige Urteil für die Volksschule.

Die Regeln für das sogenannte Homeschooling, den häuslichen Privatunterricht, sind von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich. Eine Mutter hatte 2017 beim Erziehungsdepartement Basel-Stadt einen Antrag auf Homeschooling für ihren 2009 geborenen Sohn gestellt. Nicht nur dieser Antrag wurde abgewiesen, sondern auch die darauffolgende Beschwerde der Mutter beim kantonalen Verwaltungsgericht. Vor Bundesgericht machte sie dann geltend, die kantonale Regelung zum Homeschooling stelle ein faktisches Verbot dar und verletze das verfassungsmässige Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Kein verfassungsmässiges Recht
Das Bundesgericht wies nun in seinem Urteil vom 22. August 2019 auch diese Beschwerde ab. Massgebend für die Regelung des Homeschooling seien im Kanton Basel-Stadt die Kantonsverfassung und das Schulgesetz, schreibt das Bundesgericht in seiner Medienmitteilung vom 16. September 2019. Weiter kommt es zum Schluss, dass die Bundesverfassung keinen Anspruch auf häuslichen Privatunterricht gewährt. Ein Anspruch lässt sich weder aus den Bestimmungen zum Grundschulunterricht noch aus dem Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ableiten. Es steht den Kantonen also frei, ob und in welchem Umfang Homeschooling zugelassen werden soll. Deshalb verstossen selbst sehr restriktive kantonale Regelungen oder gar ein Verbot nicht gegen den Schutz des Privat- und Familienlebens.

LCH: Soziale Kompetenzen spielen Schlüsselrolle
Der LCH begrüsst das Urteil des Bundesgerichts, denn das Homeschooling garantiere nicht den Wissenstand nach Lehrplan für Schülerinnen und Schüler, die in die Regelschule zurückkommen. Dies betont Bruno Rupp, Mitglied der Geschäftsleitung LCH, in einem Beitrag für die SRF-Sendung «10vor10». «Und Homeschooling kann gar nicht die sozialen Kompetenzen garantieren, die Kinder im Klassenverband lernen», ergänzt er. Auf das Soziale fokussiert auch Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin LCH, in ihrer Reaktion zum Urteil. Homeschooling-Kinder würden die Erlebnisse in der Gemeinschaft verpassen, die sie gesellschaftstauglich machten, sagte sie gegenüber der «NZZ». Zudem käme Homeschooling nur für gutsituierte Familien in Frage. «Dies ist aus Sicht des LCH eine starke Schwächung der Chancengerechtigkeit in der Bildung unserer Kinder.» Allgemein setzt sich der LCH für eine starke öffentliche Schule ein und bekämpft deren Schwächung. So heisst es im kürzlich veröffentlichten Argumentarium gegen die freie Schulwahl: «Insbesondere in einer zunehmend pluralistischen, globalisierten Gesellschaft gewinnt die Volksschule als Ort der Sozialisierung und Vermittlung gemeinsamer Werte an Bedeutung.» (mw; Bild: SRF1/10vor10)

Weitere Informationen
Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 16. September 2019: «Kein verfassungsmässiger Anspruch auf Homeschooling – auch sehr restriktive kantonale Regelungen sind zulässig»
«Homeschooling: Kein Unterricht zu Hause» (SRF 1, 10vor10, 16.09.2019)
«Aus Misstrauen gegenüber dem Staat: Immer mehr Eltern unterrichten ihre Kinder privat» (NZZ, 16.09.2019)
«Die Verfassung gewährt kein Recht auf Homeschooling» (NZZ, 16.09.2019)
«In der Schweiz herrscht kein Anspruch auf Unterricht zu Hause» (Tages Anzeiger, 16.09.2019)
Argumentarium LCH und SER vom 6. September 2019: «Freie Schulwahl – Mehr Schaden als Nutzen» 

Datum

25.09.2019